
Bob Mould - Here we go crazy
BMG / UniveralVÖ: 07.03.2025
Was lange gärt, wird endlich Wut
Fünf Jahre sind für jemanden, der in den Sechzigern seines Lebens steht, keine wirklich lange Zeit, könnte man meinen. Allerdings: Es kommt aber immer auch ein wenig darauf an, um welche Jahre es sich dann so ganz konkret handelt. Denn was sich seit dem letzten Bob-Mould-Album Blue Hearts (erschienen 2020) auf dieser Welt alles so getan hat, ist schon eine ganze Menge. Dass die Pandemie nur der Auftakt für allerlei weiteres Chaos und Tumult sein würde, konnte damals ja noch keiner ahnen. Es hat sich offenbar bei Mould einiges aufgestaut, denn er zeigt sich auf seinem neuen Album zornig und direkt. Was gut ist, denn "Here we go crazy" birst geradezu vor Energie.
Elf Songs mit einer Gesamtspielzeit von 31 Minuten – das ist zunächst mal das, was von jemandem wie Bob Mould erwartet: Da wird nicht lange mit unnötigen Intros herumgefackelt, Instrumentalsoli oder mäandernde Bridges sucht man über die gesamte Albumlänge eher vergebens. Mould konzentriert sich auf das ganz einfache Grundrezept der Rockmusik: Strophe, Refrain, Strophe, Refrain, bam! 38 Jahre nach dem Ende von Hüsker Dü ist Mould also etwas gesetzter unterwegs; die zuweilen fragmentarischen, zerfaserten Krachgewitter von damals sind passé. Zum Glück ist's trotzdem alles andere als beliebig oder gar langweilig. Die Mehrzahl der Stücke kommt im Midtempo daher, zum Beispiel der Opener "Here we go crazy". Dieser angenehm-energetische Geradeausrocker überzeugt durch präzise Akkordarbeit an der Gitarre sowie das ungemein tighte Zusammenspiel zwischen Bass und Drums. Wenn überhaupt noch ein Track an alte Hüsker-Dü-Zeiten erinnert, ist es wohl "Neanderthal" mit seinen Polka-artigen Stakkato-Drums und hektischen Akkordwechseln.
Am meisten beeindruckt das Album aber dadurch, dass Bob Moulds Stimme würdevoll gealtert ist und im Laufe der Jahrzehnte eine erstaunliche Breitbandigkeit bekommen hat: Manchmal klingt's guttural-kehlig wie bei Marillions Ex-Frontmann Fish, manchmal wirkt Moulds Organ fast schon brüchig, zum Beispiel im Rausschmeißer "Your side". Schön auch, dass das Energielevel dieser Platte ungeachtet der Instrumentierung durchgehend hoch ist. Selbst ein eher akustischer Track wie "Lost or stolen", der fast ohne Schlagzeug auskommt, geht richtig gut rein, weil die Gitarre mit Wut und Vehemenz bearbeitet wird. Kritische Geister könnten "Here we go crazy" vielleicht ankreiden, dass es insgesamt nicht allzu viele kompositorische Überraschungen bereit hält. Das wird aber sehr gut wettgemacht durch die enorme Power, die in den Songs steckt. Und nicht zuletzt auch dadurch, dass sich die Platte keinen qualitativen Ausreißer leistet. Kurz und gut: Bob Mould ist in absoluter Bestform und beweist, dass das gute alte Motto "Anger is an energy" bis heute Bestand hat.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Here we go crazy
- Breathing room
- When your heart is broken
- Lost or stolen
Tracklist
- Here we go crazy
- Neanderthal
- Breathing room
- Hard to get
- When your heart is broken
- Fur mink augurs
- Lost or stolen
- Sharp little pieces
- You need to shine
- Thread so thin
- Your side
Im Forum kommentieren
MickHead
2025-03-10 12:15:06
Jetzt komplett bei Bandcamp:
https://bobmould.bandcamp.com/album/here-we-go-crazy-3
Lichtgestalt
2025-03-04 01:28:42
Och, ein neues Album von Bob? Gebe ich mir gerne.
Armin
2025-03-03 20:41:38- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
Meinungen?
MickHead
2025-02-05 17:23:10
2. Song "Neanderthal"
https://youtu.be/SWvEDGbdJ54?si=Bkq4aPIxg8pvlkDR
Euroboy
2025-01-09 18:14:53
Stimmt, der ist nicht mehr auf Merge, hab ich irgendwie falsch aufgeschnappt.
Man hört Mould an, das er inzwischen wie in seiner Autobiographie auch beschrieben, ein glückliches und ausgeglichenes Leben führt.
Ich kann mich noch an die Liner Notes im Booklet der "Warehouse: Songs and Stories" erinnern, im dem er (oder die Band) ja komplett frustriert rüberkam. Vielleicht war die Platte auch deswegen so gut.
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