Heather Nova - Breath and air

V2 / Bertus
VÖ: 21.02.2025

Alles wird gut

Optimismus ist ein schwieriges Geschäft. In einer Welt, in der man nur noch lebt, damit man täglich chatbotten geht, fällt es schwer, zuversichtlich zu bleiben. Manchmal möchte man sich zurückziehen, an einen Ort, an dem das einzige Geschrei das der Möwen ist. Umringt von Wasser, mit einem kühlen Getränk in der Hand. Naiv? Vielleicht. Aber das muss nicht automatisch etwas Schlechtes bedeuten. Und hier kommt Heather Nova ins Spiel, die seit bald 35 Jahren Musik macht, die in der Apotheke neben den Naturheilmitteln stehen könnte. Während überall die Alarmglocken schrillen, streichelt Nova ihre Gitarre und singt, immer noch und immer wieder, über das Meer. Einfach so, ohne großes Brimborium. "Breath and air" heißt ihr 13. Studioalbum und es fügt sich nahtlos in eine Diskographie ein, in der es vielleicht wenige Höhepunkte, aber auch keine Totalausfälle gibt.

Ein Song gleicht dem anderen. Streicher schmiegen sich an die Ohren, ein schüchternes Klavier wärmt das Herz. Manchmal darf das Schlagzeug ein bisschen patschen, aber bitte nicht zu laut, denn sonst beschweren sich die Nachbarn. Brav ist das alles, bisweilen sogar bieder. Und trotzdem funktioniert es. Nicht nur, weil Novas Stimme so bezaubernd ist wie eh und je, sondern auch weil sie als Songwriterin mittlerweile ein erstaunliches Niveau erreicht hat. Sie kennt ihre Stärken und besinnt sich deshalb auch auf sie. Und auch wenn das Album insgesamt etwas zu lang ausfällt, gibt es einige echte Highlights zu bestaunen. In "Ghost in my room" zeigt Nova, wie meisterhaft sie ihre Stimme beherrscht, während die Musik jederzeit ins Unheilvolle zu kippen droht. Ähnlich hinreißend ist "Beginner", das sich nach einem behutsamen Beginn famos steigert. Auch die erste Single "Hey Poseidon", die in Sachen Instrumentierung ein wenig an "South" erinnert, weiß zu gefallen.

Der Rest des Albums plätschert vorbei, mal mehr, mal weniger intensiv. Einen wirklich miesen Song hat Nova auch diesmal nicht geschrieben, sodass man sich ganz vorzüglich von einem Ufer zum nächsten treiben lassen kann. Gerade die bewusst aufs Nötigste reduzierten Momente wie "Ebbs and flows" und "The human experience" eignen sich hervorragend zur Beschallung der nächsten Odyssee. Neues wagt Nova nur selten – wenn sie es tut, dann aber mit viel Selbstvertrauen und Verve: "November skies" steht sinnbildlich für ihr tolles Gespür für Sounds und Arrangements. Schließlich sei noch "Butterflies and moths" erwähnt, das sich wie eine Umarmung zwischen alten Freunden anfühlt. Wer noch immer auf ein zweites "Oyster" wartet, wird hiermit freilich keinen Spaß haben. Die Zeit der Extreme ist lang vorbei. Heather Nova ruht in sich selbst. Das kann und darf man langweilig finden. In der richtigen Stimmung ist "Breath and air" aber einfach nur schön. Und das muss reichen.

(Christopher Sennfelder)

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