Heartworms - Glutton for punishment

Speedy Wunderground / PIAS / Rough Trade
VÖ: 07.02.2025

Subtiles Schwarz

Am Anfang steht keineswegs das Wort: 41 Sekunden lang schallt einem lediglich Dröhnen entgegen. Wollen Heartworms auf "Glutton for punishment" mittels Drone Ambient in unsere Herzen kriechen? Bereits "Just to ask a dance" verneint diese Frage, bittet auf die schwarze Tanzfläche – und zwar mit Wucht. Pauken- und Streichersamples gesellen sich zu Düstersynthies und Drumcomputer, ehe sich Josephine "Jojo" Orme, die Frau hinter dem wurmigen Pseudonym, vorstellt, mal lasziv hauchend, mal mit Kopfstimme gekonnt die Vokale dehnend. Wenn eine E-Gitarre die Wall of Sound komplettiert, gibt es auch gesanglich kein Halten mehr: "I don't have a chance to ask for a dance from you / I'm so shy, it pains me to ask you to save me too." Die Schüchternheit hört man Orme nun wirklich nicht an.

Auch "Jacket" setzt auf die Kombination aus finsteren Synthie-Sounds, treibenden Drums und Post-Punk-Gitarrenriff. Wieder punktet die Londoner Musikerin mit ihrem beeindruckend variablen Gesang, der insbesondere in den höheren Stimmlagen an PJ Harvey in jungen Jahren erinnert. Dass der Electro-Rock nie überladen klingt, ist auch ein Verdienst Dan Careys. Einmal mehr erweist sich Carey, der bereits die ersten Alben von Fontaines D.C. und Squid produzierte, als perfekte Wahl, einer Debüt-LP den optimalen Klang zu schenken.

In "Warplane" haucht Orme zunächst über einen Pluckerbeat eine Art Abzählreim, der reichlich martialisch ausfällt: "The rats rattle in the heat of the battle." Mit Hilfe eines xylophonartigen Keyboardsounds und abermals eines Streicher-Samples entsteht eine Klangmauer, gegen die Orme im Chor mit sich selbst ansingt: "Oh, look up there! We'll be free!" Der Text deutet an, dass das lyrische Ich über den Freiheit verheißenden Abschuss des songtitelgebenden Jagdflugzeugs sinniert: "It's in my hand / Now hit it!" Auch hinsichtlich der Lyrics, die die richtige Balance zwischen Diffusität und Direktheit finden, behält Orme die Fäden in der Hand. Gothic-Klischees umkurvt sie in ihren Texten elegant, der Blick der vergleichsweise subtilen Schwarzmalerin richtet sich stets nach innen. Der Teufel steckt im Detail: Gesanglich tritt die Londonerin mitunter in die Klischee-Falle, etwa am Ende von "Celebrate", wenn allzu artifizieller Falsettsingsang in Kreischen mündet.

Eine Akustikgitarre und ein Keyboardarpeggio fordern im abschließenden Titeltrack zum Melancho-Tanz auf. Nachdem Ormes aus "Just to ask a dance" übernommene Gesangslinie verklungen ist und die letzte Pirouette gedreht wurde, kann man sich nur verneigen. "Glutton for punishment" begeht nicht den Fehler anderer Debüts, zu viel Catchiness auf zu viele Songs zu verteilen. Orme setzt auf ihrem Debüt in erster Linie auf Atmosphäre und lässt die Würmer in vergleichsweise kompakten 37 Minuten mal wild und mal sanft gen Herzen kriechen. Angesichts dieses überaus gelungenen Erstlings steht zu vermuten, dass das wirbellose Getier unzählige Herzkammern erreichen wird.

(Dennis Rieger)