Morast - Fentanyl

Ván / Soulfood
VÖ: 07.02.2025
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Vor dem Schmerzinfarkt

"Es wird definitiv unser abgefucktestes Album." Versprach zumindest J. in einem Interview von 2021. Bei J. handelt es sich wiederum möglicherweise um Jens Aschemeier, aber ganz sicher um den Gitarristen von Morast, die – je nach individueller Gewichtung – entweder Blackened Doom Metal oder doomigen Black Metal spielen. Jedenfalls geht es bei diesem Quartett offensichtlich um den Sound und nicht darum, wer ihn macht, was auch die kargen Namenskürzel von J.s Kollegen Z., R. und L. belegen. Und es interessiert nicht weiter, ob die vier nun aus W., K. oder D. kommen – einigen wir uns einfach grob auf das Rheinland. Lediglich Vokalist Z. gibt weniger Rätsel auf, denn als Zingultus (nein, das ist kein bürgerlicher Name) kennt man den Mann bereits von Nagelfar, Endstille und Graupel – also von Säulen-Nicht-Heiligen deutscher schwarzmetallischer Grunzmusik. Doch bei Morast ist alles etwas anders, und wer an Sludge denkt, liegt nicht ganz falsch. Schlammig, räudig, dreckverkrustet – genau so watet diese Band durch ihren dritten Longplayer.

Was mitunter wehtun kann und vermutlich auch soll. Da kommt das Analgetikum aus dem Albumtitel wie gerufen. Auch wenn das Schmerzmittel während der dritten Opioidkrise in den USA zu den berüchtigtsten Substanzen zählte. Morast kann dieser Umstand egal sein, denn im Opener "Of furor and ecstasy" ist die chemische Variante von Zweiterem auch keine Alternative. Tieffrequenziges Wüten passt ohnehin besser zur Geisteshaltung des Quartetts, zumal "Fentanyl" mehr zu bieten hat als einen Frontmann mit stimmlicher Performance zwischen Brechdurchfall und Organspende oder einen Drummer, der "brrrrrr" an seinem Schlagzeug macht – stattdessen klaubt sich die Double Bass mühselig wieder zusammen, um im nächsten Augenblick zu kollabieren. Dazu sickern die Riffs dicker als Blut aus den Boxen und schneiden kokelnde Loops in die von Unheil gesättigte Luft, und neben grimmigen norwegischen Altmeistern wie Satyricon drängen sich auch die jüngsten Schlachtplatten der Holzfällerhemden-Krawallbrüder Chat Pile oder Meth. auf.

Anders als diese verzichten Morast jedoch auf überfallartige Blast-Parts, um ihre Songs mutwillig durchzurütteln: "Walls come closer" schleppt zu glühendem Griffbrett vielmehr ein so ruinöses Doom-Grundrauschen durch einen stoischen Fünfminüter, als stünde die ganze Band kurz vor dem Schmerzinfarkt, "A thousand and more" kriecht ähnlich desolat hinterher, kramt aber auch zornige Drum-Synkopen aus dem Marschgepäck. Und könnte man "Akasha" beinahe für einen angepissten Noise-Rock-Brocken halten, wie ihn Full Of Hell in ihren eingängigeren Momenten manchmal raustun, rüstet das Quartett bereits zum tosenden Finale. "On pyre" bündelt mit ungerührten Leads, schwergewichtigen Schlagwerk-Attacken und Zingultus' hinreichend variablen Growl-Finessen noch einmal alle Stärken von "Fentanyl" neben der gewünschten Abgefucktheit: bohrende Konsequenz, Stehvermögen an den Instrumenten und eine Stimmung, die sich wie ein Leichentuch aufs geschundene Gemüt legt. Wer zuerst zuckt, verliert. Morast werden es nicht sein.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Of furor and ecstasy
  • On pyre

Tracklist

  1. Of furor and ecstasy
  2. Aratron
  3. Walls come closer
  4. A thousand and more
  5. Akasha
  6. On pyre
Gesamtspielzeit: 34:03 min

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boneless

2025-03-12 22:22:15

Alter, was für eine geile Walze. So ein Album hat es mal wieder gebraucht. Das rammt wirklich alles in Grund und Boden. Endlich mal wieder Gitarrenwände, die wie glühende Lava die Gehörgänge verbrennen. Und dann erst dieser unwiderstehliche Groove... ich sitze hier quasi Dauernickend und grinse in meinen Bart. Wundervoll.

Hierkannmanparken

2025-02-10 12:14:19

Hatte ich mir auch schon mal angehört. Sehr garstig, gefällt mir gut! Empfehle ich vor allem den Mantar-Fans

Armin

2025-02-08 20:17:06- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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