
Döll - Weg vom Weg
EigenvertriebVÖ: 10.01.2025
Realtalk
"Döll – Hessens Sohn / Ich bin für Rapper eine Respektsperson." Klingt erstmal nach großer Klappe, diese Aussage im Track "Immer noch", ganz von der Hand zu weisen ist sie aber nicht. Seit Jahren gilt Fabian Döll als einer der besten Conscious-Rapper des Landes. Spätestens seit "Ich und mein Bruder", dem gemeinsamen Album mit Marco Döll aka Mädness, wird der Hesse deutschlandweit wahrgenommen. Sein Solo-Debüt "Nie oder jetzt" erschien bereits 2019. Danach releaste er noch zwei EPs im Jahr 2022: "Chips" und "Nackt". Unterm Strich ist das zu wenig, um sein Standing im Deutschrap zu zementieren. Warum der Output so dürftig ist und welch wechselhaften Werdegang Döll hinter sich hat, erzählt er nun auf seinem zweiten Soloalbum "Weg vom Weg".
Die oben genannten EPs lässt Döll als Arbeitsnachweis nicht gelten, wie er im Opener klarstellt: "Bei Chips war ich zu oft auf Natz und bei Nackt hat es mir gefehlt." Alkohol und andere Drogen spielen seit frühester Jugend eine Rolle im Leben des heute Mitte Dreißigjährigen. Vor Jahren verfiel er der Spielsucht, den ersten Vorschuss vom Label verzockte er beim Glücksspiel. Seine Dämonen hat der Rapper schon in älteren Tracks bearbeitet. "Weg vom Weg" liefert jedoch das komplette Bild und wirkt geradezu kathartisch. Beim aufwühlenden "Gedanken" lässt Döll tief in die eigene Seele blicken. Der Beat setzt aus, wenn er erzählt, dass er acht Jahre alt war, als sein Vater Suizid beging. In der Hook formuliert er sein Mantra: "Befrei Dich von der Angst / Sorg dafür, dass Du deinen Geist entspannst / Bleib dran, und irgendwann heilst Du ganz." Der Beat von Morlockko Plus, dem Alter Ego von Rapper Morlockk Dilemma, bildet einen würdigen Rahmen für die emotionalen Zeilen. Für die restlichen Tracks zeichnet sich in erster Linie der noch recht unbekannte Produzent Mighty verantwortlich. Seine Instrumentals klingen cineastisch, nach alter Schule, und sind den Inhalten angemessen düster. Bei manchen Tracks wie "Immer noch" oder "2:31" verzichtet er komplett auf Beats, was den Vortrag von Döll noch eindringlicher macht.
Mit "Wie es war" zieht der Rapper den Hut vor einer der wichtigsten HipHop-Künstlerinnen des Landes: Cora E. Ihr Track "Schlüsselkind" wird nicht nur sehr prominent gesamplet, Döll erzählt auch vom Stellenwert dieses Songs in seiner Jugend. Bei "Wieder hier" nimmt der Hesse seine Hörer*innen mit in die Klinik und beschreibt ein kaputtes System, das leidenden Patient*innen allzu leichtfertig die Erwerbsfähigkeit attestiert. Rückhalt erfährt Döll von seinem persönlichen Umfeld. Bei "Sieh mich an" bedankt er sich bei Freunden und Musikerkollegen wie Audio88 und Torky Tork für deren Unterstützung. Er beendet den Song und damit das Album mit dem Fazit, dass es sich bei "Weg vom Weg" um die beste Platte seiner ganzen Diskografie handele. An Respektsbekundungen aus der Szene dürfte es auch diesmal nicht mangeln, spielt die Authentizität in Rapkreisen doch eine besonders wichtige Rolle. Um es mit der Headline zum Interview von Zeit.de mit Döll zu sagen: "Realer wird's grad nicht."
Highlights & Tracklist
Highlights
- Immer noch
- Gedanken
- Wie es war
Tracklist
- Immer noch
- Ouch
- 2:31
- Man denkt (Skit)
- Gedanken
- Wie es war
- Weg vom Weg
- Wieder hier
- Unter Vier
- Hol es zurück
- Kette
- Sieh mich an
Im Forum kommentieren
maxlivno
2025-02-10 15:53:21
für mich ne klare 9/10 und das beste Deutschrap-Album seit MBH. Hätte nicht gedacht, dass Döll so ein Brett abliefern kann
Armin
2025-02-08 20:15:11- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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