
Mary Chapin Carpenter, Julie Fowlis & Karine Polwart - Looking for the thread
Lambent Light / Thirty Tigers / MembranVÖ: 24.01.2025
Aus der Dropbox
Kulturschaffende rund um den Globus sahen sich während der Corona-Pandemie mit unbekannten Problemen konfrontiert. Der lieb gewonnene Rhythmus kam zum Erliegen, an Liveauftritte war über einen längeren Zeitraum nicht zu denken. Wohin mit der Kreativität? Diese Frage stellten sich praktisch alle, und die Antworten fielen höchst unterschiedlich aus. Bei Mary Chapin Carpenter führte die unfreiwillige Auszeit dazu, endlich ein Wunschprojekt anzugehen, das nach eigenem Bekunden wohl schon länger im Unterbewusstsein angeklopft hatte und nun endgültig an die Oberfläche drängte. Ihre Idee: eine Zusammenarbeit mit den schottischen Musikerinnen Julie Fowlis und Karine Polwart. Zwei Künstlerinnen, die Carpenter zuvor schon immer verfolgt und bewundert hatte. Im Mittelpunkt ihrer Kollaboration stand zu Beginn eine Dropbox, also ein zunächst nur virtueller Tauschplatz für Songfragmente und kreative Einzelelemente. Dass daraus das jetzt vorliegende Album "Looking for the thread" entstehen würde, dürfte keine der drei damals geahnt haben.
Als Reisen und Begegnungen in der Realität endlich wieder möglich waren, verließen sie die Dropbox und trafen sich leibhaftig. Mal arbeitete jede für sich, dann wieder feilten sie alle gemeinsam an den Kompositionen, die mehr und mehr feste Gestalt annahmen. Während sie geografisch ein ganzer Ozean trennt, liegen auch musikalisch durchaus einige Meter zwischen ihnen. Die US-amerikanische Singer-Songwriterin Carpenter hat ihre Wurzeln deutlich vernehmbar im Folk und Country, Fowlis und Polwart pflegen einen offensiven Umgang mit den Ursprüngen der schottischen Musik. Auf "Looking for the thread" verschmelzen ihre Einflüsse allerdings auf nahezu mühelose Weise miteinander. Dabei dürfen sprachliche Reminiszenzen an Schottland wie in "Gràdh geal mo chridhe" ebenso wenig fehlen wie die betont eingängigen Momente wie im feinen "A heart that never closes". Es herrscht auf dem gesamten Album eine faszinierende Unaufgeregtheit vor. Dabei klingen auch überaus reduziert intonierte Stücke wie "Silver in the blue" nie eintönig oder langweilig, sondern glänzen voller bezwingender Schönheit.
Dem Trio standen gleich mehrere unterstützende Kräfte zur Seite. So zeichnete sich Josh Kaufman von Bonny Light Horseman für die Produktion verantwortlich. Carpenters Landsmann ist nicht nur selbst versierter Musiker, sondern war als Produzent unter anderem schon für The National oder The Hold Steady tätig. Und auch an den Instrumenten durften sich für das kurzweilige Album arrivierte Kräfte hervortun: Rob Burger an Klavier, Orgel und Akkordeon, Chris Vatalaro am Schlagzeug oder Caoimhin O'Raghallaigh, der als Experte an der Hardanger d'amore, einer zehnsaitigen Gitarre, gilt. Den zehn Songs ist der gegenseitige Respekt nahezu anzuhören, den sie einander entgegenbringen. Aus der Bewunderung des Schaffens der jeweils anderen heraus haben Mary Chapin Carpenter, Julie Fowlis und Karine Polwart hier zusammengefunden und ein überaus stimmiges, zu jeder Zeit in sich ruhendes und oft auch berührendes Projekt entstehen lassen. Ein Projekt, das den Weg aus der Dropbox hinein ins Hier und Jetzt gefunden hat – und das nach diesen ersten überzeugenden Eindrücken gern eine Fortsetzung erfahren darf.
Highlights & Tracklist
Highlights
- A heart that never closes
- You know where you are
- Buidheann mo chridhe clann ualrig
Tracklist
- Gràdh geal mo chridhe
- A heart that never closes
- Rebecca
- Looking for the thread
- Hold everything
- Silver in the blue
- You know where you are
- Satellite
- Buidheann mo chridhe clann ualrig
- Send love
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Armin
2025-01-23 21:14:01- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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Referenzen
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Threads im Forum
- Mary Chapin Carpenter, Julie Fowlis & Karine Polwart - Looking for the thread (1 Beiträge / Letzter am 23.01.2025 - 21:14 Uhr)