The Cardigans - The rest of the best (Vol. 2)

Universal
VÖ: 06.12.2024

… muss auch B sagen!

Welche Variante von The Cardigans man mag, hat eindeutig Einfluss darauf, zu welchem Teil der Doppelveröffentlichung "The rest of the best" aus B-Seiten, Cover-, Live- und Alternativversionen man eher greifen sollte. Immerhin macht die schwedische Band um Nina Persson es einem mit einer chronologischen Sortierung einfach. Während der erste Teil von der Gründung bis zum Ende des letzten Jahrtausends begleitet, wagt Teil zwei den Sprung ins neue Jahrtausend und wird gleichzeitig musikalisch schwerer, melancholischer, aber auch größer und runder. So lässt sich konstatieren: Wer die spaßigen, humorvollen Seiten von The Cardigans mag, der hört jetzt auf zu lesen und stürzt sich auf "The rest of the best (Vol. 1)". Wer mit Persson eher schwermütig am Weinglas diskutieren will, der ist wiederum hier genau richtig.

Wobei so ganz ohne Humor kommt auch Volume 2 nicht daher, allerdings ist die Cover-Version von Kraftwerks "Das Model" kurz vorm Sturz ins uncanny valley, wenn sie zwar fette Gitarren auffährt und interessiert macht, aber Nina Perssons Aussprache der deutschen Texte unangenehm prägnant ist – besonders ja, aber eher na ja. Ansonsten ist die Atmosphäre melancholisch. Bekannte Songs wie "Communication", den großartigen Opener von "Long gone before daylight", oder die Single "You're the storm" findet man in Studio-Sessions, die den bekannten Sound zwischen Indie-Pop und Folk-Rock leicht verändern und etwas intimer machen. "Hold me" ist erst in einer Mini-Version gerade mal 34 Sekunden lang, zeigt selbst als Entwurf aber schon sein Potenzial und wird direkt im Anschluss um eine lange Version ergänzt.

"(If you were) Less like me" ist eine ältere und unfertigere Version von "Good morning Joan" von "Super extra gravity", zeigt aber gut auf, wie viel ambitionierter The Cardigans in der fortgeschrittenen Episode ihrer Karriere gedacht haben. Wo vorher der direkte Weg oftmals ans Ziel geführt hat, wird sich später eine Extrarunde gedreht, um Drums noch mal zu bügeln oder Streicher hinzuzufügen. Immer wieder schielen die Songs auch in Richtung Grunge, schrammeln ein wenig, werden dann aber von wunderbaren Melodien erleichtert. Nina Persson klingt dabei immer so, als würde sie gegen die Dämmerung ansingen, wie in "Give me your eyes", und mit ihren Songs kann man sich wunderbar die Nächte um die Ohren schlagen. Für ausgewiesene Fans der Schwed*innen dürfte auf beiden Ausgaben von "The rest of the best" nicht wahnsinnig viel Neues zu entdecken sein. Trotzdem ist gerade der zweite Teil eine interessante Dokumentation des unbestreitbaren Talents der Band. Ein bisschen wie ein Audiokommentar auf einer DVD – nur für einen Teil interessant, aber nice to have.

(Arne Lehrke)

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