Cher - Forever fan

Warner
VÖ: 20.09.2024

More than a woman

Wo fängt man überhaupt an, wenn es um Cher geht? Rund sechs Jahrzehnte lang hat sie alles gemacht, was man in der Unterhaltungswelt machen kann – und dabei ständig Maßstäbe gesetzt. Sie gilt etwa als erste Frau, die ihren Bauchnabel im TV gezeigt hat und ist eine der wenigen, die sowohl mit dem Oscar, dem Grammy als auch dem Emmy ausgezeichnet wurden. Für andere Musiker*innen bedeutend dürfte auch ihre Etablierung von Autotune sein, die Cher mit dem 1998 erschienenen Album "Believe" und dem gleichnamigen Titelsong angestoßen hat. Im Laufe ihrer Karriere ist sie mit der Zeit gegangen und war ihr gleichzeitig meist schon voraus. Cher hat nicht nur Kultstatus, sondern gilt längst als Ikone und wird auch als '"Goddess of Pop" bezeichnet. Und das war nur die Kurzfassung ihrer beachtlichen und vielseitigen Vita.

Diese wiederum wird im neuesten Best Of "Forever fan" eingefangen. Insgesamt 40 Songs (es gibt auch eine Kurzfassung mit der Hälfte) beleuchten alle Phasen von Chers musikalischer Laufbahn. Und auch hier hat sich offenbar vorab die Frage gestellt: Womit soll es losgehen, und welche Reihenfolge ist sinnvoll? Schlicht chronologisch geht das Album nicht vor, stattdessen wechselt die Tracklist zwischen den Jahrzehnten und Genres wie eine sorgfältig kurierte Party-Playlist. Das House-orientierte "Woman's world" aus dem Jahr 2013 trifft beispielsweise auf das folkige "Gypsys, tramps & thieves". Nach "DJ play a christmas song" von Chers modernem Weihnachtsalbum "Christmas" aus dem Jahr 2023 folgt die schmetternde Rockballade "A woman's story" von 1974. Letzteres wurde für "Forever fan" übrigens zum ersten Mal digital aufbereitet. Wohl bewusst verzichtet wurde hingegen auf den Klassiker "Half-Breed", auf dem Cher, die Tochter einer Cherokee und eines Armeniers ist, sich mit Rassismus und Doppelmoral auseinandersetzt. Der Songtitel und Begriff ist allerdings ebenfalls rassistisch geprägt und zutiefst beleidigend.

Generell hält das Best Of weniger populäre, aber dafür nicht weniger hitverdächtige Stücke bereit: In "Love and understanding" funktionieren 90er-Drums, Keyboard-Sounds und Streicher erstaunlich gut zusammen, während Chers kraftvoller Gesang meistens ins Rufen übergeht. "Just like Jesse James" bezeichnete sie selbst oft als "as close to country as I'll ever get". Schade eigentlich, denn die schleppenden Drums und Steelgitarre stehen ihrer gehaltvollen, tiefen Stimme gut. Ob der 2024 neu entfachte Country-Trend Cher noch umstimmen kann?

Generell bleibt spannend, was wir noch von Cher zu erwarten haben. In Deutschland war sie zuletzt 2019 auf Tour, hatte sich vorher allerdings 15 Jahre lang nicht blicken lassen. Grundsätzlich tritt sie aber noch auf und promotete im November etwa in London unter dem Motto "An evening with Cher" ihr neuestes Best Of sowie ihre jüngst erschienene Autobiografie "The memoir – Part one". Soll es das am Ende von Cher gewesen sein? Ist "Forever fan" auch ein musikalischer Abschied? Das Album selbst gibt nur einen kryptischen Ausblick darauf: Hoffnung schimmert durch, als zum Schluss das U2-Cover "I still haven't found what I'm looking for" in einer Live-Version ertönt. Vielleicht gilt das ja nicht nur privat, sondern auch für ihr künstlerisches Schaffen. Es scheint jedenfalls, als hätte Cher noch einige Facetten in der Hinterhand.

(Lena Zschirpe)

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