Funny Van Dannen - Songs to go

Trikont / Indigo
VÖ: 15.11.2024
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 3/10
3/10

Tschüssi

Nun ist es passiert. Jetzt haben wir den Salat. Funny Van Dannen hängt die Liedermacherei an den Nagel. Keine neuen Alben mehr. Keine weiteren Konzerte. Und mit dieser unschönen Gewissheit geht man natürlich rein in diese Platte. Ist "Songs to go", wie der wunderbar doppeldeutige Titel vermuten lässt, also eine letzte Verbeugung, ein musikalischer Lebewohlgruß? Und ist der Abschied ein unbeschwerter oder die Stimmung getrübt? Vor der wenig heiteren Kulisse eines Dezembertags erzählt "Tiefstehende Sonne" von einem bitteren Beziehungsaus. Sucht nach den passenden Worten und Bildern. Findet sie. In der Verletzlichkeit und Enttäuschung nicht ohne Trotz. Würde hier statt der Mundharmonika eine Trompete erklingen, man könnte Sven Regener singen hören. "Du bist so hart, ich kann Dich nicht verstehen / Du bist so schön, die Schönste, die ich kenn' / Und auch Dein Charme ist mindestens Prada / Aber Dein Herz ist höchstens H&M." Die Vergänglichkeit, sie treibt Van Dannen augenscheinlich um. Besonders offenkundig wird das in einem Song wie "Wir haben Zeit", der vermutlich nicht aus Zufall ganz am Ende steht.

Doch auch das knackige "Pentagon" zielt im Refrain auf den unabwendbaren Lauf der Dinge, "Tag für Tag und Jahr für Jahr", nimmt allerdings im Vorbeifahren schon den Zeitgeist mit. Und dann sind da noch diese zarten Anflüge von Nostalgie. "Wo ist es so, wie es immer war? / In Warnemünde in der Broilerbar." Ironisch gebrochen, das alles, na klar. Aber das macht den Abschied vom Gewohnten ja nicht unbedingt weniger schmerzlich. "Sirenen" kleidet eher triste Zustände in dafür eigentlich unangemessen schöne Worte und stellt wie "Pentagon" ganz nebenbei die Frage, was das ist – Wahrheit? Und gibt es die überhaupt noch? Aber so ist halt Funny Van Dannen. Da steht das Kleine neben dem Großen, der bizarre Alltag gleich neben dem nicht weniger bekloppten Weltgeschehen. Wenn "Songs to go" eine persönliche Eloge auf den Abschied ist, dann ist es mindestens ebenso sehr ein Album, das den ganzen Irrsinn der ganz gegenwärtigen Gegenwart aufs Korn nimmt. So wie in "Wenn Du schnell genug läufst". Orpheus und Eurydike, die Deutsche Bahn und die Grünen, Gendersprache und eine erstklassige Hookline – mehr braucht es für einen guten Song manchmal nicht.

Im ziemlich quatschigen "Der Nil" grüßen schließlich sogar Trump und Putin, Hamas und Hisbollah. Schön irre. Zu wahrer Hochform läuft Van Dannen aber auch heuer wieder auf, wenn er die abgründige Banalität deutscher Zustände beschreibt. Etwa im bitterbösen "Nie Indianer", das die legitime Nachfolge von "Lesbische schwarze Behinderte" antritt. Denn das wird man ja wohl noch sagen dürfen. Oder im tiefschwarzhumorigen "Gas". Man hat es hierzulande halt auch einfach nicht leicht, so ehrlich muss man schon sein. "Deutschsein ist echt kein Spaß / Und dann diese verdammte, fatale Affinität zu Gas." Zum Glück gibt "Fahne" kurz darauf Entwarnung. Kein Nationalismus, nirgends. Wo kämen wir denn da auch hin. Wenigstens etwas. Jedoch die Gesamtsituation eher ungut. "Geile Welt", das war einmal. Vorbei mit der "Herzscheiße". Heute ist Krieg. Und selbst wenn der irgendwann mal vorüber sein wird, "So lustig" wie früher wird's nicht mehr. Singt Funny van Dannen. Ob er damit Recht behält? Vielleicht. Wer weiß. Mit seinen schrammeligen Chansons selbst den Gegenbeweis antreten – das wird er wohl leider nicht mehr. Schade.

(Markus Huber)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Gas
  • Wenn Du schnell genug läufst
  • Tiefstehende Sonne
  • Nie Indianer

Tracklist

  1. Geheimdienst
  2. Gas
  3. Wenn Du schnell genug läufst
  4. Sirenen
  5. Tiefstehende Sonne
  6. Der Fatalist
  7. Wenn der Krieg vorbei ist
  8. Die Fahne
  9. Der Nil
  10. Nie Indianer
  11. Pentagon
  12. So lustig
  13. Broilerbar
  14. Wir haben Zeit
Gesamtspielzeit: 37:50 min

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Armin

2024-11-21 19:39:49- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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