Thank - I have a physical body that can be harmed

Rough Trade / Membran
VÖ: 08.11.2024
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Englische Patienten

Im Vereinigten Königreich ist das Wetter meist scheiße, und manch einer sagt ja, das schlage sich auch in der Musik nieder – vor allem seit, sagen wir, so circa 2020. Viele Vertreter einer eher angefressenen Strömung an Bands, die da seitdem rumpelt und rumort, fasst das Internet (oder genauer: der Spotify-Algorithmus) gern unter dem hippen Oberbegriff "Crank Wave" zusammen. Cooler Name, durchaus, die genauen Eigenschaften des vermeintlichen Genres bleiben allerdings mitunter diffus. Post-Punk spielt eine Rolle, Noiserock auch, vor allem aber bissige, gern satirisch akzentuierte Texte, die das "Post-Brexit-Gefühl" besonders gut einfangen sollen. Nun denn.

Thank aus Leeds können das bestimmt besser erklären, gelten sie doch als Szene-Insider und bauen ihre Expertise auf dem zweiten Album "I have a physical body that can be harmed" weitläufig aus. Insbesondere das manische Gepöbel von Freddy Vinehill-Cliffe passt super zum einschlägigen NME-Eintrag, ist doch auch er jemand, "who sounds like someone having a psychotic episode in a debating society". Seine Mitmusiker setzen derweil sowohl auf kreischende No-Wave-Gitarren wie auf verschrobene Elektro-Klänge, um den Wahnsinn perfekt zu machen. Thank kommen, um zu stören – oder zumindest so vielen wie möglich an die Beine zu pinkeln. Vor allem denjenigen, die es ihnen dahingehend einfach machen.

Auf stoisch marschierendem Beat fräst sich "Down with the sickness" direkt ins Hirn und handelt sich dabei zum Glück nicht um ein Disturbed-Cover. "I've got a sickness, it's called 'sad little guy's disease'" kann man sich auch irgendwie nicht aus der selbstbewussten Kehle von David Draiman vorstellen. Der freche Text von "Woke Frasier" trollt währenddessen all die konservativen Spinner, die überall eine groß angelegte Political-Correctness-Verschwörung wittern. Bestimmt möchte bald selbst der Familienhund fortan mit non-binären Geschlechtspronomen angesprochen werden! Wo soll das noch hinführen? Immer wieder untermalen Thank ihre chaotischen Stücke mit herrlich schief sitzenden Synths, wenn sie nicht gleich, wie in "Control", prominente Intros damit basteln. "Barely" animiert zwischen Kuhglocken und verzweifelten Klagegesängen des Albumtitels zum Tanzen, die Popkultur-Referenz "Smiling politely" ist kein Zugeständnis an die Masse, sondern nichts als harschester Noise. Im Ernst: Wo soll das noch hinführen?

Das Monstrum "The spores" breitet seine Empörung auf über sieben Minuten aus und kreiert beinahe Sludge-artige Flächen voller Verwirrung, entwickelt aber auch einen unerhörten Groove, den die Band am Ende genüsslich gegen die Wand fährt. Destruktive Proto-Punk-Brocken wie "Dead dog in a ditch" ringen ständig mit etwas, das man als Grime oder wenigstens als entfernte Idee von Disco bezeichnen könnte. Schließlich gibt "Perhaps today" Hunden und Babys diverse "ways to prepare for the rapture" an die Hand und schlägt wie schon in "Do it badly" kleinere Pop-Finten, die dafür sorgen, dass Thank zwischen all dem Lärm dann doch irgendwo in der Tradition des eingängigen UK-Indies stehen. Bald also mit Oasis auf Wembley anstatt in kleinen Kellerlöchern? Ganz schön "crank", diese Vorstellung.

(Ralf Hoff)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Do it badly
  • Down with the sickness
  • Barely
  • Perhaps today

Tracklist

  1. Control
  2. Woke Frasier
  3. Do it badly
  4. The spores
  5. Down with the sickness
  6. Barely
  7. Smiling politely
  8. Dead dog in a ditch
  9. Perhaps today
  10. Writing out a list of all the names of God
Gesamtspielzeit: 35:50 min

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Armin

2024-11-21 19:39:37- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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