Tribulation - Sub rosa in æternum
Century Media / SonyVÖ: 01.11.2024
Die Nachtwanderer
Da ist es also, das erste Album nach dem großen Bruch. Wir erinnern uns: Kurz vor dem Release von "Where the gloom becomes sound" Anfang 2021 verkündete Jonathan Hultén seinen Abschied von Tribulation. In aller Freundschaft, aber er wolle sich anderen musikalischen Projekten widmen. Doch was im Normalfall bestenfalls eine Randnotiz, auf keinen Fall aber einen großen Aufmacher wert ist, war für die schwedische Dark-Metal-Band eine Zäsur. Denn Hultén war Kopf, Hirn und Sprachrohr, verantwortlich für Gesamtsound und Songwriting. Wo andere jedoch in Jammern und Wehklagen verfallen, sahen die Skandinavier diesen Einschnitt als Veränderung, als Chance zum Neustart quasi. Wie man so schön sagt: Next man up.
Glücklicherweise machen Tribulation nicht den Fehler, Hultén durch Joseph Tholl, seinen Nachfolger an den sechs Saiten, kopieren zu wollen. In der Tat deutete schon die letztjährige EP "Hamartia" an, dass die Band den Weg vom Death Metal hin zu eingängigerem, hooklastigem Gothic Metal konsequenter fortschreitet. Dass sie dabei derart konsequent vorgeht, war so allerdings nicht zu erwarten. "The unrelenting choir" fungiert dabei eher als Intro denn als echter Opener, bevor "Tainted skies" damit beginnt, den Qualitäten von Frontmann Johannes Andersson viel mehr Raum zu geben als in der Vergangenheit. Während die Growls nahezu vollständig aus dem Bandsound verschwunden sind, passt Anderssons Stimmlage im Klargesang – irgendwo zwischen Fernando Ribeiro von Moonspell, Gabriel Franco von Unto Others und dem einzigartigen Alexander Veljanov – ganz vorzüglich zu den flirrenden Riffs und erst recht zum mitreißenden "Saturn coming down".
Dieser neue Eklektizismus steht Tribulation ganz hervorragend. Empirisch ermittelt – also durch den Soundtrack zu einem Ausflug mit der Metal- und Goth-affinen Familie – werden die Einflüsse deutlich. Während der eine ganz klar The Sisters Of Mercy erkennen will, hört die andere Depeche Mode, derweil sich anderweitig Widerspruch regt – da sei ja eben wohl ganz klar Type O Negative zu hören gewesen. Recht haben alle. Denn bei "Hungry waters" säuselt Andersson in der Tat sinister wie Pete Steele, zumindest jedenfalls bis zum verspielten Instrumentalpart. Bei "Murder in red" kann man sich das Namedropping gleich komplett verkneifen. Welch ein Ohrwurm, der sich zudem tief im Dark Wave vergräbt. Gäbe es noch die Düsterdiscos aus den Neunzigern, wäre dieser Song im Standard-Paket eines jeden DJs, wollte er den Abend heil überstehen.
Dennoch: Die Skandinavier haben trotz der Umstände, trotz des gefühlten Neuanfangs einen Platz gefunden, von dem man zuvor gar nicht wusste, dass er so verwaist ist. Die Abkehr vom Death Metal ist ein Baustein dafür, diese hat allerdings bereits Hultén begonnen und wird hier lediglich vollendet. Doch auf einer Platte innerhalb kürzester Zeit so viele Einflüsse zu verarbeiten – selbst Nick Cave ist bei "Reaping song" ganz nahe – zeugt von Mut. Vor allem deshalb, weil dieser Grat zwischen Eklektizismus und Soundbrei extrem schmal ist. Es braucht vor allem für alte Fans etwas Zeit, um mit "Sub rosa in æternum" so richtig warmzuwerden. Dann aber nehmen die Songs gefangen, graben sich immer tiefer ein, sieht man einmal vom arg sperrigen "Time & the vivid ore" ab – interessanterweise eins der härtesten Stücke des Albums. Fürs erste jedenfalls ist der Umbruch allemal gelungen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Saturn coming down
- Murder in red
- Poison pages
Tracklist
- The unrelenting choir
- Tainted skies
- Saturn coming down
- Hungry waters
- Drink the love of God
- Murder in red
- Time & the vivid ore
- Reaping song
- Poison pages
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Armin
2024-11-06 20:07:36- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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