One True Pairing - Endless rain

Domino / GoodToGo
VÖ: 25.10.2024
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Perfekt unperfekt

Das britische Kendal ist nicht als sprudelnder Quell künstlerischer Kreativität bekannt. Wild Beasts sorgten allerdings am Anfang des Jahrtausends dafür, dass sich der rund 30.000 Menschen zählende Ort regelmäßigerer Erwähnungen erfreuen durfte. Die vier Musiker aus dem Nordwesten Englands präsentierten ihre feine Mischung aus Indiepop und -rock einem wachsenden Publikum und erreichten vor allem auf den beiden Alben "Smother" aus dem Jahr 2011 und "Present tense" drei Jahre später ein erstaunlich hohes Niveau. Wild Beasts hielten sich allerdings nicht übermäßig lange aufrecht, und so darf über die Band nicht mehr im Present tense, sondern nur noch im Past gesprochen werden. Zwei der Gründungsmitglieder haben Solokarrieren eingeschlagen: Hayden Thorpe und Tom Fleming, Letztgenannter unter dem Künstlernamen One True Pairing. Während Thorpe Ende September mit seinem Drittwerk "Ness" vorlegte, zieht sein ehemaliger Bandkollege mit seinem zweiten Streich auf eigenen Beinen nach.

Das Ende von Wild Beasts hat sich hörbar als Beginn von zwei exzellenten Projekten erwiesen. Denn nicht nur Thorpe versteht es, abseits des Bandgefüges verlässlich stimmige Veröffentlichungen auszusenden. Auch Tom Fleming alias One True Pairing offenbart bei seiner Entwicklung ein erfreuliches eigenständiges Denken. Sein selbstbetiteltes Debüt legte dabei einen sehr guten Grundstein. In der Rückschau vermochte er diesen allerdings zunächst einmal nicht uneingeschränkt für sich zu nutzen, denn wachsende Gedankenschwere lähmte den Künstler, der sich diversen Herausforderungen gegenüber sah. Der Grundstein wurde zum Felsen, der ihn mit auf den Grund zog: Ängste, Zweifel, Schreibblockade. Irgendwann aber setzte sich der Kreativprozess nach eigener Aussage wieder in Gang, und so entstand der Titeltrack "Endless rain". Mit diesem kehrten die Ideen zurück, wurden zuvor selbstverständliche und zwischendrin verschüttete Abläufe offenkundig wieder zur geliebten Routine. Und im Grunde bringt er in diesem Stück, das auf den kernigen Opener "As fast as I can go" folgt, alles auf den Punkt: Dunkelheit regiert, inhaltlich wie musikalisch, doch die Hoffnung, sie existiert: "It's that time of night / When all the ghosts creep out / Out of the walls / And all their voices rise / Out of the floor / You will be safe and warm / Cos I am your friend / I will be by your side / In Endless Rain." Ein Song von schmerzhafter Schönheit.

In der Folge wird das Tempo zuweilen fast bis zum Stillstand reduziert, "Tunnelling" ist hierfür ein Beispiel, das in seinem entschlossen zurückgenommenen Ansatz aber auch etwas zu behäbig daherkommt. "Human frailty" setzt einen instrumental leichteren Schwerpunkt, taucht textlich aber in die Schwere ab: "Human frailty, it's brutal / Trying to keep that light on long as you can / That's the thing about bravery – it'll use you up / Human frailty eats at what you want / Human frailty laughs at what you've done." One True Pairing verschließt sich auf seinem zweiten Album wie schon auf dem Debüt nicht den elektronischen Einflüssen. Das bekommt einem Stück wie "Doubt" überaus gut, das durch wohlplatzierte Beats eine ganz besondere Note erhält. Erfreulich ist, dass der Sänger, dessen Stimme angenehm unperfekt erklingt, seine Titel eben nicht in einer Stimmungslage belässt, sondern auch im zweiten Teil des Ganzen ruhige Passagen mit belebenden vermengt. So ganz und gar solo ist er übrigens gar nicht unterwegs: Die stimmige Unterstützung beispielsweise durch Kate Ellis, Caimin Gilmore oder auch Lankum-Mitglied Cormac Mac Diarmada hat großen Anteil am Ergebnis. Und das ist vor allem: das perfekte Herbstalbum zur rechten Zeit.

(Torben Rosenbohm)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Endless rain
  • Doubt
  • Frozen food centre

Tracklist

  1. As fast as I can go
  2. Endless rain
  3. Tunnelling
  4. Human frailty
  5. Prince of darkness
  6. Doubt
  7. I don't want to do this anymore
  8. Mid-life crisis
  9. A landlord's death
  10. Ruthless streak
  11. Frozen food centre
  12. Be strong
  13. The world said no
Gesamtspielzeit: 52:06 min

Im Forum kommentieren

Grizzly Adams

2024-11-07 18:27:34

Hab das Album über einen von den zigtausend ;-) Tipps von MickHead in irgendeinem Thread entdeckt. Btw: Danke für deinen Einsatz in diesem Forum!

Kann das Album sehr zum Reinhören empfehlen und unterstreiche die Entscheidung der Redaktion, diese LP zu bewerten. Ein interessantes Kleinod, dessen Entdeckung mir Freude bereitet. 7/10 passt zurzeit. Aber die Tendenz zum Wachsen ist eindrücklich vorhanden.

saihttam

2024-11-01 00:05:41

Ich finde die ersten vier Alben der Wild Beasts alle auf ihre Art und Weise höchst faszinierend. Nur das letzte fällt für mich ab. Daher war wohl auch die Trennung folgerichtig. Mag Hayden Thorpe solo aber auch sehr gerne. Das Projekt von Tom Fleming ging bisher an mir vorbei. Werde ich jetzt ändern.

Gordon Fraser

2024-10-31 07:24:10

Nicht "Two Dancers" als Höhepunkt der Wild-Beasts-Diskographie zu bezeichnen ist aber ein ausgemachtes Fehlurteil des Rezensenten. :D

Armin

2024-10-30 21:07:39

P.S. Ich finde das Album fantastisch, bester Song "Mid-life crisis" für mich.

Armin

2024-10-30 21:06:59- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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