Pixies - The night the zombies came

BMG / Universal
VÖ: 25.10.2024
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

Grand mit Dreien

Buben sieht man beim Skatspiel gern, aber so ganz alleine nützen sie einem nichts. Wenn das Beiblatt nicht stimmt, kann man bekanntermaßen auch einen Grand mit Vieren krachend verlieren. Während beim Skat die Dame im Beiblatt nicht so beliebt ist, ist sie bei den Pixies unverzichtbar, um den Gesamt-Testosteronspiegel der Musik im Zaum zu halten und Akzente gegen den Schweinerock zu setzen. Black Francis hat mit Kim Deal, Kim Shattuck und Paz Lechantin bereits drei Bassistinnen und Sängerinnen verschlissen, den Abgang der Letztgenannten kommentierte Francis auf Instagram so liebevoll wie eine HR-Abteilung: "Wir sind dankbar für Paz' Beiträge und wünschen ihr für die Zukunft nur das Beste." Fehlt nur noch ein "Sie hat sich bemüht und zeigte Verständnis für ihre Arbeit". Umso tapferer mutet es an, dass sich mit Emma Richardson (trotzdem) wieder eine Frau in die Höhle der Löwen traut. Und: Sie ist ein erheblicher Zugewinn.

Während der Vorgänger "Doggerel" trotz einiger Lichtblicke ("Who's more sorry now?" beispielsweise) qualitiativ eher durchwachsen anmutete, kommt der neue Pixies-Longplayer nicht nur solide, sondern streckenweise grandios daher. Weil sich die Pixies auf das besinnen, was sie am besten können: Da sind zum einen die überraschend komponierten und gewitzt arrangierten Stücke voller melancholischer Kraft – und zum anderen die ebenso kurzen wie intensiven Haudraufnummern. "Primrose" läutet das Album geradezu genial ein: mit magisch-funkelnden Akkordfolgen, dem stets erfolgversprechenden Wechselspiel zwischen Black Francis' spröder Larmoyanz und Emma Richardsons klarer Stimme, aber auch mit einem geradezu klassischen Songaufbau, in dem von Strophe zu Strophe, von Refrain zu Refrain jeweils behutsam einen Gang hochgeschaltet wird. Ebenso stark sind die Tracks "Chicken" und "Johnny Good Man", bei denen die Pixies all das darreichen, was in der Kombination so wunderbar und wie geschmiert läuft: knarzigen Bass und präzise geschrubbte Akustikgitarre als Fundament, ergänzt durch fast schon countryeske E-Gitarren-Einwürfe und energetisches Schlagzeugspiel. Und in "Mercy me" erinnern Songwriting und Sound schon fast an Phillip Boa, der Song schreitet zunächst breitbeinig daher, kürzt in der Bridge raffiniert ab und mündet in einen sensationell eingängigen Refrain mit feinsten harmonischen Widerhaken.

Natürlich dürfen auch ein paar Pogo-Nummern fürs Livekonzert nicht fehlen. Zwar finden die Pixies auf diesem Album nicht mehr ganz zu ihrer ursprünglichen roh-animalischen Energie zurück, wie sie einen bei "Isla de encanta", "Subbacultcha" oder "Oh my Golly!" in den Ohrensessel drückte, aber "Hypnotised", "Oyster beds" oder auch "Ernest Evans" geben trotzem so viel Gas, dass man gutgelaunt in den Moshpit torkeln könnte, ohne sich blöd vorzukommen.

"The night the zombies came" zeigt – im positiven Sinne – die Entwicklung einer Band auf, die in absoluter Würde altert. Die ersten drei gefeierten Alben waren Pubertät, hatten Feuer, Wahnsinn, Leidenschaft, Sehnsucht und Eros. "Trompe le monde" markierte Abschied und Übergang, Trennung und Emtfrendung – und nach der Reunion folgte das Erwachsenenleben – das bekanntermaßen mit Sicherheitsstreben, limitierter Experimentierfreude und allzu vielen Kompromissen einhergeht. Nun sind die drei Buben alle um die 60, reißen sich zwar kein Bein mehr aus, spielen aber mit großer Zuverlässigkeit und Routine ihre Trümpfe aus, ohne sich um Konventionen oder Erwartungshaltungen zu scheren – und die Dame bringt sich als verjüngendes Element kongenial ein. Diesen Grand gewinnen die Pixies, vom "gespaltenen Arsch" sind sie glücklicherweise noch weit entfernt.

(Jochen Reinecke)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Primrose
  • Chicken
  • Johnny good man
  • Mercy me

Tracklist

  1. Primrose
  2. You're so impatient
  3. Jane (The night the zombies came)
  4. Chicken
  5. Hypnotised
  6. Johnny good man
  7. Motoroller
  8. I hear you Mary
  9. Oyster beds
  10. Mercy me
  11. Ernest Evans
  12. Kings of the prarie
  13. The Vegas Suite
Gesamtspielzeit: 39:54 min

Im Forum kommentieren

Filip

2024-11-07 19:29:42

Ja, das ist ganz erstaunlich. Ist ja auch nicht so, dass die hier früher mal im Mainstream populär waren wie vielleicht Offspring oder Sum 41.

Freut mich aber auch für die Band.

fuzzmyass

2024-11-06 22:04:39

Hab ich mich auch gefragt... wenn sie sich sehr rar gemacht hätten okay, aber bei solch exzessiven Touren ausgerechnet jetzt hochverlegt zu werden? Okay, letztes Mal war die Tonhalle auch recht früh ausverkauft... freut mich aber schon für die Band...

fakeboy

2024-11-06 22:01:29

Komisch. Warum sollten die Pixies ausgerechnet jetzt populärer werden?

fuzzmyass

2024-11-06 19:05:34

Wow, das München Konzert nächstes Jahr wurde von der Tonhalle ins ca. 3 mal größere Zenith hochverlegt... letzte beiden Gigs der Band waren schon in der Tonhalle, d.h. es gibt nun wohl einen sehr soliden Popularitäts-Sprung

fuzzmyass

2024-11-02 14:44:30

Gestern endlich mal gehört... sicher kein überwerk und sicher sind auch 2-3 etwas langweiligere Songs dabei, aber es gibt auch ein Paar Highlights und das Ganze ist schön rund und hat einen Klasse Sound... richtig schwach finde ich jetzt keinen Song... macht Spaß und Vorfreude auf das Konzert nächstes Jahr...
Für ein richtiges Urteil muss ich es öfter hören, denk aber eine solide 7/10 passt schon...

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