The Bug - Machine

Relapse / Membran
VÖ: 04.10.2024
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Der basse Tod

Kevin Martin ist überall und nirgends. Schon ab 1991, als er erstmals mit seinen Free-Jazz-Noise-Illbient-unten-ankreuzen-Bands God und Ice in Erscheinung trat und sich teils hinreißende Songtitel wie "Survival of the fattest" ausdachte. Eher weniger bekannt: Circa die Hälfte seiner unzähligen Gruppen und Projekte betrieb der Brite zusammen mit Justin Broadrick, Mastermind der im positiven Sinne ewigen Industrial-Metaller Godflesh. Grundsätzlich ungewöhnlich, da diese Kombination nicht recht mit seiner für düsteren Dub, Reggae-Verwilderungen und HipHop-Rüpeleien stehenden Hauptbeschäftigung The Bug zusammenzugehen scheint. Falsch gedacht: 1996 veröffentlichten Martin und Broadrick mit "Colonized" auf dem deutschen Elektronik-Pionierlabel Mille Plateaux einen Longplayer als The Sidewinder. Womit wir im Heute wären. Auch 28 Jahre später.

Martin und Broadrick sind zwar nach wie vor gemeinsam unterwegs, etwa bei Zonal, dem Nachfolger ihres grobschlächtigen Lärm-Hop-Dingsbums Techno Animal. Das achte The-Bug-Album "Machine" jedoch entstand ohne den Sozius aus Birmingham – und funktioniert wie eine noch schärfer gestellte Version von "Colonized", das seinerzeit rabiat mit Minimal Techno, brüllendem Noise und Acid-Extremfällen umsprang. Die Stücke hießen "Total destruction of mind and body" oder "Enter the beast" und berücksichtigten keinerlei Nächstenliebe und Behaglichkeit. Und jetzt geht das schon wieder los. Mit dem Vorabtrack "Buried (Your life is short)", der eine fleischfressende Basslinie mit malmendem UK-Dubstep koppelt und schwarze Visionen statt Blumen ins offene Grab streut. Ein – no pun whatsoever intended – Killertrack vor dem Herrn des Geziefers.

Nicht viel später rollt "Bodied (Send for the hearse)" ins Ziel – inklusive Achsbruch am Leichenwagen, versteht sich. Selten klang eine Horrorvision von grooviger Clubmusik eindrücklicher, und nicht umsonst sind Martins Tracks als "floor weapons" berüchtigt, die aus jeder Tanzfläche ein Minenfeld machen. Und sollte es doch nicht zum Äußersten kommen, wirken das rhythmisch unberechenbare "Shafted (Laws of attraction / repulsion)" oder "Inhuman (Let the machines do the talking)" mit seinen brachialen Drops immer noch so, als würde William Bevan alias Burial per Monstertruck mit einem "Ten ton ghettoblaster" auf der Ladefläche zum nächsten Underground-Rave donnern. In "Floored (Point of impact)" plätten sich pervertierte Detroit-Sounds und herrlich wilde Distorto-Beats gegenseitig – darauf eine Runde "Drop (Machine sex)"? Ohne Überspannungsschutz.

Vocals haben in dieser rumorenden Umgebung natürlich keinen Platz – anders als auf "Lockstep bloodwar" von der kleinen Krach-Supergroup Sightless Pit. Nur gelegentlich nimmt sich Martin Zeit für entspanntere Rückgriffe und gestaltet "Vertical (Never see you again)" im Stile von "Don't walk these streets" aus "Concrete desert". Apropos entspannt: "Sickness (Slowly dying)" und "Hypnotised (Fucked up)" erinnern gar an die Mittneunziger-Phase der ambienten Gestaltenwandler Scorn – einst gegründet von Mick Harris, dem ehemaligen Bandkollegen von Justin Broadrick bei den ganz frühen Napalm Death. Ansatzweise harmonische Neon-Blitze in wunderbar ruinös mahlenden 50 Minuten, mit denen The Bug vielleicht nicht schneller als der Tod ist, aber dafür cooler als Sensen- und Knochenmann zusammen. Schaut nur, wie sie sich gerade die Gehörknöchelchen zuhalten.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Shafted (Laws of attraction / repulsion)
  • Vertical (Never see you again)
  • Floored (Point of impact)
  • Buried (Your life is short)

Tracklist

  1. Annihilated (Force of gravity)
  2. Shafted (Laws of attraction / repulsion)
  3. Sickness (Slowly dying)
  4. Vertical (Never see you again)
  5. Floored (Point of impact)
  6. Drop (Machine sex)
  7. Hypnotised (Fucked up)
  8. Inhuman (Let machines do the talking)
  9. Departed (Left the body behind)
  10. Buried (Your life is short)
  11. Bodied (Send for the hearse)
  12. Exit (Wasteman)
Gesamtspielzeit: 49:44 min

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myx

2024-10-23 12:18:18

Bin sehr bassaffin und komme hier voll auf meine Kosten. Besonders durch Mark und Bein geht der Knallertrack "Floored (Point of Impact)", zurecht bei den Highlights. Überhaupt ein super Duo mit dem anschliessenden "Drop (Machine Sex)". Eigentlich gefallen mir fast alle Stücke auf Anhieb, tolles Hörerlebnis.

myx

2024-10-22 21:28:15

Neugier geweckt, erste Hörprobe hat was, werde ich mal auf mich wirken lassen.

Armin

2024-10-22 20:33:44- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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