The Hard Quartet - The Hard Quartet

Matador / Beggars / Indigo
VÖ: 04.10.2024
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Supergroup mal anders

The Hard Quartet als Supergroup anzupreisen, ist im Grunde ein abstruser Gedanke. Schließlich haften dem Begriff neben manchen Ausnahmen doch auch diverse rockistische Exzesse der Vergangenheit an, die den vier hier versammelten Musikern kaum ferner liegen könnten. Eine Band seien sie natürlich außerdem und kein Projekt, präzisiert Pavement-Ikone Stephen Malkmus beim Blick auf seine Mitstreiter. Als da wären: Emmett Kelly (The Cairo Gang), Gitarren-Crack Matt Sweeney und Schlagzeuger Jim White (Dirty Three). Alle haben gemeinsam, dass sie in der Vergangenheit einen ausgeprägten Sinn für Kollaborationen unter Beweis stellten, als deren Kristallisationspunkt man Will Oldham alias Bonnie "Prince" Billy nennen könnte: Jeder der vier hat mit ihm bereits aufgenommen, untereinander kennen sie sich eh schon lange. Auch der schlichte Bandname führt zunächst auf die falsche Fährte. Hart im strengen Sinne sei das Album nämlich nicht, das Attribut beschreibe vielmehr den Schleifprozess an den Songs, so Malkmus. Die fuzzigen Gitarrenwirbel des Openers "Chrome mess" erklingen direkt aus der Garage und zerstäuben jeden Gedanken, hier sollte es um etwas anderes gehen als um Spielfreude und Lust am kreativen Austausch. Die Gesangsmelodie und Riffs erinnern gar kurz an Queens Of The Stone Age – eine Referenz, die man im munteren Reigen der folgenden 14 Songs aber rasch wieder vergisst.

Während White wie erwartet sein dynamisch synkopiertes, variables Schlagzeugspiel einbringt, tauschen Malkmus, Kelly und Sweeney je nach Bedarf die Instrumente und spielen ohne zu murren auch mal den Bass. Kurzweilig ziehen die Songs des Quartetts vorbei, die sich auf bemerkenswert unterschiedlichen Terrains wohlfühlen: Während Kelly in "Rio's song" zarten Gitarrenpop der 60er-Jahre durch die DIY-Brille verrückt und in "Our hometown boy" melodische Jangle-Gitarren aufs Tableau bringt, lallt Malkmus im punkigen "Renegade" seinen Bewusstseinsstrom herunter wie einst Pete Doherty. Nach dem ersten Drittel dürfen die Stücke etwas länger durchatmen. "Heel highway" öffnet erstmals mittels einer Akustikgitarre den Blick in die Weite. Sie flirrt durch die Harmonien von Malkmus und Sweeney, bis man eine intime Version von The Grateful Dead vor Augen hat. Im Leadgesang wechseln sich aber auch in der Folge meist Malkmus und Kelly ab, die erfrischend unterschiedliche Register ziehen – Kellys Songs trägt eine sensible Kontemplation, Malkmus fühlt sich im poetischen Chaos zuhause. "Killed by death", eine Ballade Kellys mit leichten Country-Elementen, umkreist eindringlich ihre existentielle Erschöpfung: "There’s no need for any healing / With the finishing of feeling / Killed by death, OD'd on life Itself". Direkt im Anschluss kontert und komplementiert "Hey" das eben Gehörte, inklusive einer Zeile, die kaum mehr nach Malkmus klingen könnte: "The sun is drowning / You kiss me like a Quaalude". Dann gleitet alles in eine andere Form der Melancholie: die des Absurden.

15 Songs und eine knappe Stunde Spielzeit sind eine Menge und vielleicht hätte manche Kürzung der Kohärenz von "The Hard Quartet" gutgetan. Und doch möchte man kaum einen der feinsinnigen Gitarrendialoge vermissen, die so vielen Momenten eine zweite und dritte melodische Ebene verleihen. In seiner zweiten Hälfte ufert das Album häufiger aus, zelebriert die Lust an unkonventionellen Strukturen. Das gestaltenwandlerische "Action for military boys" lässt Malkmus mit jener charismatischen Freude am Wort phrasieren, die den Vortrag so vieler später Pavement-Stücke ausgezeichnet hat. "It suits you" braut eine düstere Psychedelik zusammen, in der Kelly einmal mehr einen produktiven Gegenpol setzt, bevor "Six deaf rats" in seinen knapp sieben Minuten das progressive Zentrum auf "The Hard Quartet" bildet. Nachdenklich-aufgeräumt hebt das Stück an, kreist dann zusehends um die Schlieren eines zerfasernden Tagtraums. "Why are you sleeping in those high heels shoes? / Where is the logic in that?", fragt Malkmus. Es ist einer dieser Augenblicke, in denen anfängliches Schmunzeln den alltäglichen Wirrungen zunehmend fremd gegenübersteht – eines der Markenzeichen des gekonnten Wechselspiels der Songwriter von The Hard Quartet. Die wollen weiter kooperieren, das Selbstverständnis als Band ist also weit mehr als ein bloßes Lippenkenntnis. Ihr Debüt knistert jedenfalls doppelt: mal mit der Behaglichkeit des Lagerfeuers, mal mit der Reibung kreativen Austauschs.

(Viktor Fritzenkötter)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Rio's song
  • Our hometown boy
  • Killed by death
  • Hey

Tracklist

  1. Chrome mess
  2. Earth hater
  3. Rio's song
  4. Our hometown boy
  5. Renegade
  6. Heel highway
  7. Killed by death
  8. Hey
  9. It suits you
  10. Six deaf rats
  11. Action for military boys
  12. Jacked existence
  13. North of the border
  14. Thug dynasty
  15. Gripping the riptide
Gesamtspielzeit: 52:04 min

Im Forum kommentieren

joseon

2024-12-03 13:56:14

Kommenden Sommer auf Tour:

14.06.2025 Berlin, Hole 44
15.06.2025 Dresden, Beatpol
16.06.2025 Köln, Gebäude 9
17.06.2025 Hamburg, Kent Club

https://matadorrecords.com/blogs/news/the-hard-quartet-eu-uk-2025-tour

saihttam

2024-10-17 01:03:42

Hat richtig Spaß gemacht.

Armin

2024-10-16 20:06:15- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

Meinungen?

saihttam

2024-10-16 10:54:45

Ich höre jetzt mal rein. Lange nicht mehr mit Malkmus beschäftigt.

kusubi

2024-09-10 20:17:08

Apropos Rios song:

https://m.youtube.com/watch?v=MKLVmBOOqVU

Charmant :-)

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