Dawn Richard & Spencer Zahn - Quiet in a world of noise
Merge / CargoVÖ: 04.10.2024
Leise, nicht stumm
Wenn sich kreative Menschen zusammentun, dann geschieht das oft aus einer gewissen Nähe heraus. Die einen entstammen derselben Stadt, die anderen durchstreifen ein ähnliches Genre. Bei Dawn Richard und Spencer Zahn liegt die Sache ein wenig anders. Während der eine, Spencer Zahn, in Massachusetts geboren wurde und in New York lebt, hat die andere, Dawn Richard, ihre familiären Ursprünge in New Orleans. Zahn ist Multi-Instrumentalist und Produzent, Richard Sängerin und Songwriterin mit Wurzeln im R'n'B. Dass sich ihre Wege trotz der unterschiedlichen Herkünfte und musikalischen Orientierungen kreuzten, war schon bei ihrem gemeinsamen Debüt "Pigments" aus dem Jahr 2021 ein hörbarer Glücksfall, der in der Rezeption aber doch eher im Verborgenen blieb. Die Zusammenarbeit hat den beiden offenkundig gefallen, denn rund drei Jahre später liegt ein Nachfolger vor. "Quiet in a world of noise" setzt dabei das fort, was schon auf dem Erstling prägend war: Fein komponierte Klangwelten treffen auf starke Stimme.
Wer die bisherige musikalische Reise der beiden ein wenig verfolgt hat, den überrascht der Grundton des Ganzen vermutlich nicht. Zahn ist ein Meister der ruhigeren Töne, und eben diese dominieren hier durchgehend. Richard hingegen ist oft und gern in temporeicheren Gefilden unterwegs, in denen sie dezidiert lebhaft in Erscheinung tritt. Wenn nun allerdings der Opener "Stains" einsetzt, wird unmittelbar deutlich: Die Stille aus dem Albumtitel ist kein lyrischer Trick. Zahn gibt die Route vor, und Richard folgt diesem Weg mit ihrer klaren, einfühlsamen Stimme: "Now I'm wearing life a little baggy / Even with alterations it don't fit me / And every seam is pulling me gently / My fabric won't clean." Stets im Mittelpunkt: das Piano, das beispielsweise den Titeltrack zu einem stilvollen Ende bringt oder das fast sphärische "Diets" zurückhaltend begleitet, bevor elektronische Welten die Regie übernehmen.
Zwischendurch wird die Angelegenheit kurz sogar opulent, denn für das starke "Moments for stillness" wurde für die Aufnahmen das 26-köpfige Budapest Film Orchestra eingeladen, das seine Kunst mit dem frühen Vogel einspielen durfte: Der Song fand nach eigenem Bekunden um vier Uhr morgens seinen Weg auf das Album. Im weiteren Verlauf von "Quiet in a world of noise" gibt es dann wieder Momente, in denen die buchstäbliche Stille fast vollkommen wird. Da reduzieren die beiden ihre Musik auf ein Minimum und schaffen Stücke wie "To remove" oder "Ocean past", die sich vorsichtig tastend ihren Weg bahnen. Beim Hören kommt es entsprechend darauf an, alle Sinne zu schärfen. Vielleicht ist es dank der Herangehensweise tatsächlich das perfekte Album für eine Zeit, die von rasendem Lärm gekennzeichnet ist, und in der über allem so viele Fragezeichen liegen. Aufgeben ist bei all dem keine Option, wie es im abschließenden "Try" heißt: "It takes a lot to smile these days / It takes a lot to cry these days / But I'm gonna try. I'm gonna try / It takes a lot to hope these days / It takes a lot to dance these days / But I'm gonna try. I'm gonna try."
Highlights & Tracklist
Highlights
- Quiet in a world full of noise
- Moments for stillness
- The dancer
Tracklist
- Stains
- Quiet in a world of noise
- Diets
- Stay
- Life in numbers
- Moments for stillness
- The dancer
- Breath out
- To remove
- Ocean past
- Try
Referenzen