Baasch - Lipstick on the glass

Indi Film
VÖ: 02.08.2024
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
5/10

Fragmente

Der Film "Lipstick on the glass" des polnischen Regisseurs Kuba Czekaj macht keinen Spaß. Er ist ein Exzess, eine bisweilen verkopfte Allegorie über Geschlechterrollen, ein berührendes Portrait einer Frau zwischen Selbstfindung und Selbstzerstörung. Und gerade weil "Lipstick on the glass" keinen Spaß macht, ist er so faszinierend. Einen Großteil seiner immensen emotionalen Wucht verdankt das Werk der Filmmusik, für die Czekajs Landsmann Bartosz Schmidt, der unter dem Alias Baasch seit 2013 Musik veröffentlicht, verantwortlich zeichnet. Während seine Soloalben eher introspektiver Natur sind, scheut er als Soundtrack-Komponist nicht vor waghalsigen Manövern zurück. Dem Album gelingt das Kunststück, auch ohne filmische Begleitung maximale Wirkung zu erzeugen.

Der Reiz liegt im Fragmentarischen. Viele Songs brechen unvermittelt ab oder gehen fließend ineinander über. Ambientstücke, die im Film eher Beiwerk sind, stehen so gleichbedeutend neben ausufernden Pop-Experimenten. Immer wieder überrascht die Musik mit verrückten Ideen, so kreist "Cold song" um ein operettenhaftes Motiv, während im Hintergrund die Beats keuchen und husten. "Faceless" taumelt selbstvergessen durch die Großstadt, bevor es in "Fearless" in den Club geht. Exquisit produzierte House-Akkorde treffen auf wehmütigen Gesang, der sich vergeblich gegen die Vereinsamung stemmt. In dem mit Nath entstandenen "Take me" herrscht indessen völlige Tristesse. Kalt ist das Eis, das sich seinen Weg durch die Venen bahnt.

Viele Tracks sind um ein simples Motiv herum aufgebaut, wobei besonders der Einsatz perkussiver Elemente für Gänsehaut sorgt. Erwähnenswert ist diesbezüglich das sinister pulsierende "Danger", das den großen Ausbruch immer wieder andeutet, aber nie Wirklichkeit werden lässt. Herrlich abstrus gerät hingegen "Wenn am Morgen", das den Tag mit einer psychotischen Episode begrüßt. Es singen nicht nur die Vögel, sondern auch die inneren Stimmen, während eine Ukulele in ihre Einzelteile zerfällt. Die Instrumentalstücke kommen mit deutlich weniger Brimborium aus, meist begnügt sich Baasch mit dahingehauchten Klavierakzenten und geschmackvoll drapierten Synthesizer-Teppichen.

Was in "Clouds" noch verträumt daherkommt, kippt im "The cleansing"-Zwillingspaar ins Apokalyptische. Mithilfe dräuender Streicherakkorde führt Baasch die Hörerschaft ins emotionale Zentrum des Films, bis nichts außer Leere zurückbleibt. Was folgt, ist der Zusammenbruch. "Like a bird" braucht gerade einmal zwei Minuten, um ein Gefühl völliger Hoffnungslosigkeit zu erzeugen. Aus dieser schält sich schlussendlich der Titeltrack hervor, doch auch dieser vermag kein Licht ins Dunkel zu bringen. Was als überschwängliche Liebesbeziehung begann, endet als Farce. Der Versuch, dem Leben ein Stück Freiheit abzuringen, führt in ein Dickicht neuer Abhängigkeiten. Es gibt keine Hoffnung, nur eine simple Erkenntnis: Alles bleibt, wie es sein muss.

(Christopher Sennfelder)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Fearless
  • Cold song
  • Wenn am Morgen
  • Like a bird

Tracklist

  1. Fool
  2. Faceless
  3. Fearless
  4. Cold song
  5. They won't find us
  6. Danger
  7. 9 lives
  8. Carry me over
  9. Wenn am Morgen
  10. Take me
  11. A horn
  12. Clouds
  13. The cleansing 1
  14. The cleansing 2
  15. Like a bird
  16. Lipstick on the glass
Gesamtspielzeit: 44:36 min

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Armin

2024-09-23 21:15:36- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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