Mando Diao - Bring 'em in

Pop-U-Lab / EMI
VÖ: 01.03.2004
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Wild horses

Eigentlich haben wir Amazon ja ziemlich lieb. Schließlich glänzt der Internet-Kaufladen immer wieder durch schnelle Lieferzeit, ein reichhaltiges Sortiment und faire Preise. Wenn da nur nicht diese gelegentlichen Kompetenzdefizite wären. So bekommt jeder, der sich für die Avantgarde-Rocker Hella interessiert, allerhand Geschmackfreies empfohlen, nur weil eine talentfreie "Big Brother"-Nudel mit demselben Namen mal eine grausame Single einsingen durfte. "Das könnte Ihnen gefallen". Klar doch. Wer instrumentalen Chaosrock hört, steht bestimmt auch auf Container-Schwachmaten wie Nadja, Ulf oder die Big Brother Allstars. Und nicht viel weniger irritierend ist das, was allen wiederfuhr, die in letzter Zeit den Namen Mando Diao irgendwo aufgeschnappt haben und sich über deren Debüt "Bring 'em in" informieren wollten. Irgendeinem Amazon-Praktikanten gelang nämlich die Glanzleistung, die bereits seit längerem erhältliche Importversion des Albums in der Kategorie "Weltmusik" einzusortieren. Irritierend, durchaus. Aber das kleine Malheur zeigt doch nur, wie groß die Verwirrung um die Newcomer ist.

Und weil wir nicht nur Amazon, sondern auch Euch, liebe Leser, ziemlich lieb haben, bringen wir pflichtbewußt Licht ins Dunkel um Mando Diao. Aaaaaalso: Mando Diao haben so ziemlich gar nichts mit Manu Chao und anderen Trommelwirblern gemeinsam. Stattdessen handelt es sich um fünf Junge Herren aus Schweden. Die heißen zum Beispiel Gustaf Norén (erster Frontmann) oder Björn Dixgård (zweiter Frontmann). Und letzterer ist dann auch am Bandnamen schuld, weil er diesen eines Morgens nach dem Aufwachen plötzlich vor Augen hatte. Die einen gehen, wenn der Wecker klingelt, erstmal Zähneputzen, andere eine Vitamintablette auflösen. Und Björn Dixgård erfindet eben Bandnamen. Nun gut.

So viel zu Teil eins der Aufklärungsstunde. Teil zwei soll den waghalsigen Versuch unternehmen, den Sound von Mando Diao zu kategorisieren. Einfach ist das ja nun nicht. Wer sich ein wenig in IKEA-Land auskennt, darf sich eine Mischung aus The Soundtrack Of Our Lives, den Flaming Sideburns, den Whyte Seeds und den Caesars vorstellen und liegt einigermaßen nahe dran. Wer von all denen noch nie gehört hat, plündere die elterliche Plattensammlung um ein paar Rolling Stones-Platten und bekommt eine grobe Vorstellung, wenn er die richtigen Songs hört. Ein paar der Dicke-Hose-Momente, in denen Mick Jagger der Schweiß von jener Stelle tropft, die heute eine einzige Stirnfalte ist. Und ein paar von den reduzierten Momenten. Naja, nicht gerade "Angie" vielleicht. Um es kurz zu machen: Mando Diao sind wenig verschieden von all dem, was sich "The"-Band schimpft. Aber doch so anders.

Denn sie kennen auch keine Scheu, uns einfach mal in den Arm zu nehmen und auf unsere Schulter draufzuheulen. Im reichlich kräuterschwangeren "To China with love" beispielsweise. Im sakralen "Lauren's cathedral". Und nicht zuletzt in "Mr. Moon", dieser wunderbaren Hymne für einsame Stunden. "I wanna love you but I’m growing old / Ten little soldiers screaming in my soul." Diese Melodie! Diese Hingabe! Dieser Akzent! Lieder, die klingen wie von einer nur allzu gut bekannten Person gesungen, sind gefährlich. Gefährlich schön.

Eine begeisterte Erwähnung verdient auch dieser Reißer, der auf "Mr. Moon" folgt: Wer einen Song "The band" nennt, ist entweder vollkommen bescheuert oder der Retter des Rock'n'Roll. Und wenn man sich so schweißtreibende Up-Tempo-Rocker wie "Sheepdog", "Sweet ride", "Motown blood" oder das an Velvet Underground angelehnte "Paralyzed" anhört, muß man Mando Diao wohl letzteres attestieren. Vergeßt alles, was Ihr über "retro" gelernt habt! Diese Band ist viel mehr als das. Cooler. Vielseitiger. Besser. Und jetzt, wo Ihr alles über Mando Diao wißt, könnt Ihr auch guten Gewissens Euren Plattendealer nach "Bring 'em in" fragen, ohne Euch zu blamieren. Oder die inzwischen geläuterten Falschsortierer von Amazon besuchen. In den Warenkorb, bitte.

(Armin Linder)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Sheepdog
  • Mr. Moon
  • The band
  • Paralyzed

Tracklist

  1. Sheepdog
  2. Sweet ride
  3. Motown blood
  4. Mr. Moon
  5. The band
  6. To China with love
  7. Paralyzed
  8. P.U.S.A.
  9. Little boy Jr.
  10. Lady
  11. Bring 'em in
  12. Lauren's cathedral
Gesamtspielzeit: 38:00 min

Im Forum kommentieren

Enrico Palazzo

2023-01-07 21:56:19

Super Album, jo. Mein zweitliebstes ist Ode to Ochrasy.

fuzzmyass

2023-01-07 21:45:58

Finde die Arctic Monkeys gehören auch dazu... das Debut von Mando Diao hier allerdings nicht - das ist immer noch ein klasse Rockalbum mit Seele... Alben 2 und 3 sind such noch recht gut gewesen, danach wurde es dann so bedeutungslos und fast food mäßig und billig...

Z4

2023-01-07 21:36:55

Explizit ausgenommen davon sind The Strokes und Arctic Monkeys, vielleicht die einzigen beiden Bands aus der Zeit und Strömung, die was Substanzielles und nachhaltig Gutes abgeliefert haben.

Z4

2023-01-07 21:31:50

Muss man genauso wie Libertines, Franz Ferdinand, Hives, Vines, Rakes etc sehr dosiert (sprich, nur alle paar Jahre mal) hören, dann ist es aber immer wieder richtig gut. Nutzt sich aber extrem schnell ab und es wird einem zu viel. So wie besonders ekliges Fast Food, in etwa, McRib oder so.

Socko

2023-01-07 20:47:33

Geht mir exakt genauso

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