JPEGMafia - I lay down my life for you
Peggy / AWALVÖ: 01.08.2024
Vulgäre Anzeige von Kraft
Mittlerweile ist es eher erwähnenswert, wenn ein JPEGMafia-Album nicht ständig innerhalb eines Tracks die Richtung wechselt, gefühlt fünf Samples aus zehn Epochen um die Ohren knallt und Peggy ohne Rücksicht auf Verluste wildwüchsige Querverweise in seinen Raps ausspuckt. Von daher: Auch auf "I lay down my life for you", Barrington Hendricks' fünftem Album unter seinem bekannten Moniker, gibt es mindestens zur Hälfte nichts Neues dazu zu berichten. Die Single "Sin miedo" beispielsweise wechselt selbstsicher von A cappella zu bratzigem Instrumental, führt in hübsch-hektischer Weise Samples von 2 Live Crew und Lyn Collins zusammen und klingt dabei noch verdächtig nach Yeah Yeah Yeahs' "Heads will roll". "She had issues with her father / I had issues with my barber / She off all of these drugs / Coke in her butt, R.I.P. Aaron Carter" – sicher kann man sich an die Entwirrung dieser Zeilen machen, Erfolg ist dabei jedoch nicht garantiert. Und in gewisser Weise ist es dem Genuss der Platte ohnehin nicht zuträglich, allzu genau hinzuschauen.
Wer JPEGMafias anstrengende Social-Media-Präsenz beäugt, wundert sich auch nicht mehr über Zeilen wie "Work so hard, you think Peggy a Mexican", bei denen man kurz noch überlegt, ob man das wirklich so sagen sollte. Was hier produktionstechnisch abgeht, ist ohnehin erneut der Star und macht in der Dissektion mehr Spaß. "Fifty beat switches per minute / They gon' put me in a Guinness", rappt Peggy gleich zu Anfang des Albums, obwohl die Songs im Schnitt diesmal einen Tick straighter sind als sonst. Dafür geht "I lay down my life for you" als Ganzes in die Extreme. Gitarren sind häufig präsent, stellenweise erinnert das an den Rap-Rock um die Jahrtausendwende, nur in cleverer. Der räudigste Titel referenziert nicht von ungefähr Panteras "Vulgar display of power", neben DMX' "It's dark and hell is hot" bekommen zudem die ähnlich waghalsigen Kollegen von Death Grips mit "Exmilitary" einen Songtitel-Shoutout. Jener Track führt Peggys klassischen Aufmerksamkeitsdefizit-Ansatz mit den Sechssaitern sowie einem wilden Konglomerat aus Jahrmarkt-Orgeln zusammen und sorgt für ein echtes Highlight.
"Don't rely on other men" addiert sogar noch eine Industrial-Schlagseite zum zwingenden Beat, der sich als Anker mit "I hear you went down" einen Dialogfetzen aus der ersten Folge der Serie "Succession" schnappt. Raplastiger gerät "JPEGUltra!", in dem Denzel Curry als Marktschreier klar das beste Feature hier abstaubt: "Out the trenches for you flabbergasted fat fucks" ist schon eine eindrucksvolle Begrüßung für dieses dickbackige Spektakel, das am Ende sehr unerwartet in Schönheit ertrinkt. Eine Überleitung zum Ende der Platte, die zum Schluss das andere Extrem auslotet: Peggys ruhigste Tracks bislang. Schon das schöne "I'll be right there" verrät deutlich früher, dass er auch soulig und orchestral kann, ab "Either on or off the drugs" bleibt das Album aber gänzlich in diesem Modus samt sehr ruhigem Rapflow. Eine Eigenanalyse der bisherigen Diskografie gibt es frei Haus dazu: "The first one was good with the beats / The second one put me up in the deep / The third one was sick, no disease / The fourth, I had to rush it to complete." Dabei war jener Vorgänger "LP!" eigentlich sein qualitativer Peak, aber Meinungen dürfen ja verschieden ausfallen.
So ganz ist die besonnene Schiene nicht der beste Fit für JPEGMafia. Zum einen, weil er sich lyrisch trotzdem nicht von seinem Anti-Hater-Lieblingsthema entfernen mag, zum anderen, weil hier die Konkurrenz klar größer und teils besser ist. Dennoch erweitert "I lay down my life for you" dadurch geschickt das Spielfeld, auf dem er sich mittlerweile bewegen kann. Das deutet auch "Don't put anything on the Bible" an, welches seine erste Hälfte komplett an die Sängerin Buzzy Lee abgibt. "I want a love like water through me / I should've poured my honey slowly / Wash it away, Rorschach, Rorschach." Angesichts dessen, dass wir wenige Minuten vorher bei "Jihad Joe, I kick in the door" samt entsprechender Untermalung waren, ist das eine erstaunliche Bandbreite. Die verhindert nur, dass "I lay down my life for you" als allzu geschlossenes Werk rüberkommt, es lebt mehr von seinen wahnwitzigen Momenten. Aber Einsicht deutet sich zumindest hier und da an: "I'm so terminally online / I gotta check myself." Viel Erfolg dabei.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Sin miedo
- I'll be right there
- Exmilitary
- JPEGUltra! (feat. Denzel Curry)
Tracklist
- I scream this in the mirror before I interact with anyone
- Sin miedo
- I'll be right there
- It's dark and hell is hot
- New black history (feat. Vince Staples)
- Don't rely on other men (Album)
- Vulgar display of power
- Exmilitary
- Jihad Joe
- JPEGUltra! (feat. Denzel Curry)
- Either on or off the drugs
- Loop it and leave it
- Don't put anything on the Bible (feat. Buzzy Lee)
- I recovered from this
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Armin
2024-09-07 10:19:46- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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