Dark Tranquillity - Endtime signals

Century Media / Sony
VÖ: 16.08.2024
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Kernkompetenz

Wir hatten ja – beispielsweise anlässlich des letzten Albums "Moment" – Besetzungswechsel im Hause Dark Tranquillity thematisiert. Der spektakulärste Austausch fand allerdings gleich zu Beginn der Karriere statt, als die Schweden mit ihren Freunden von In Flames kurzerhand die Vokalisten tauschten. Insofern mag es für Mikael Stanne eine echte Reise in die Vergangenheit gewesen sein, als einige der alten Kollegen, namentlich die Gitarristen Niclas Engelin und Jesper Strömblad, die Band The Halo Effect aus der Taufe hoben und mit dem Debüt "Days of the lost" 2022 gemeinsam ein herrliches Stück Göteborger Schule auf den Markt brachten. Und auch wenn man nicht vergessen sollte, dass Stanne seinerzeit Hammerfall mitgründete, ist es genau dieser Old-School-Ansatz, den sich der Rotschopf auch für Dark Tranquillity bis heute bewahrt hat. Im Unterschied zu seinem Austauschpartner Anders Fridén übrigens, der sich in jüngerer Vergangenheit mit In Flames im Dickicht der Hipster-Annäherung verzettelte.

Und genau deshalb legt das 13. Studioalbum "Endtime signals" los wie die Feuerwehr. Während der Opener "Shivers and voids" vor allem beweist, dass auch mit garstigem Death-Metal-Gesang prachtvolle Melodien im Refrain möglich sind, reißt "Unforgivable" im Anschluss eine tiefe Schneise der Verwüstung in den Moshpit. Die Band mag zwar mittlerweile mehr als 30 Jahre aktiv sein, ausrasten können die Herren immer noch so formvollendet wie Anfang der Neunziger. Auch wenn der zwischenzeitlich als fester zweiter Gitarrist engagierte Christopher Amott wieder weitergezogen ist und Johan Reinholdz wieder der alleinige Herrscher über die sechs Saiten ist.

Plötzlich ein harter Schnitt. Ein sachter Keyboard-Teppich wird ausgelegt, doch aus Stannes melancholischem Klargesang entfaltet sich mit "Not nothing" eine dramatische Melodic-Death-Hymne, die durch geradezu tanzbare Riffs, eine brillante Gesangsleistung und vor allem großes Drama getragen wird. Ganz leise hingegen ist "One of us is gone", das dem 2022 an Krebs verstorbenen früheren Bandkollegen Fredrik Johansson gewidmet ist und das gar noch Songideen des Gitarristen beinhaltet, der die Band schon 1999 verlassen hatte. So in sich gekehrt, so verletzlich hat man Stanne selten erlebt – ein würdevoller Nachruf auf einen Freund.

Während man bei der Vinyl-Version an dieser Stelle wenigstens noch beim Umdrehen der Platte etwas Zeit zum Innehalten hat, muss sich der Fluss des Albums nach dieser emotionalen Wucht erst einmal wieder berappeln. Spätestens jedoch bei "Enforced perspective" richtet sich der Blick wieder nach vorne. Und der bewegt sich in einem Feld, das auf der einen Seite von brutalen Riffmonstern wie "Enforced perspective", auf der anderen Seite von Keyboard-unterfütterten Düster-Metal-Dramen wie "Our disconnect" begrenzt wird. Exakt innerhalb dieser Leitplanken bewegen sich Dark Tranquillity seit geraumer Zeit mit traumwandlerischer Sicherheit. Das mag für den ein oder anderen innovations- oder überraschungsarm sein. Langweilig ist es auf keinen Fall, ganz im Gegenteil. Denn manchmal muss man sich darauf besinnen, was man kann, und seine eigenen Stärken ausspielen. Und solange das Kernteam um Mikael Stanne und Keyboarder Martin Brändström diesen Weg geht, können ihm auch Besetzungswechsel nichts anhaben.

(Markus Bellmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Unforgivable
  • One of us is gone
  • Our disconnect

Tracklist

  1. Shivers and voids
  2. Unforgivable
  3. Neuronal fire
  4. Not nothing
  5. Drowned out voices
  6. One of us is gone
  7. The last imagination
  8. Enforced perspective
  9. Our disconnect
  10. Wayward eyes
  11. A bleaker sun
  12. False reflection
Gesamtspielzeit: 50:27 min

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Armin

2024-08-28 20:59:32- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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