Meer - Wheels within wheels

Karisma
VÖ: 23.08.2024
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Schluss nicht lustig

"Am Ende wird alles gut. Und wenn es nicht gut ist, dann ist es nicht das Ende", heißt es. Nun ja. Auf ihrem dritten Album beeindrucken Meer lange Zeit mit der ganz großen Grandezza elaborierter Popmusik, leisten sich im Finale aber einen unerklärlichen Schwächeanfall. Eine insgesamt immer noch sehr gute Leistung liefert das achtköpfige Ensemble trotzdem ab.

Doch der Reihe nach: 2021 brachten Meer mit "Playing house" ein grandioses Werk heraus. Käme die Band aus England, wäre sie wahrscheinlich schon damals das neue große Ding gewesen. So wie zuletzt die zu Recht gehypten The Last Dinner Party, die mit "Prelude to ecstasy" Anfang 2024 ein großartiges Debüt veröffentlichten und hier wegen der frappierenden Ähnlichkeit erwähnt werden. Zwischen Meer und The Last Dinner Party passt geographisch zwar die Nordsee, stilistisch aber höchstens ein paar wenige Blatt Papier.

England beeinflusste womöglich auch die Stilfindung der Norweger, wurde ihnen doch mitunter eine gewisse Nähe zu Indie-Rock britischer Prägung attestiert. Mit ihrem dritten Streich linst die Band allerdings ein wenig mehr in Richtung Artrock, geht eine Spur opulenter, vielseitiger und auch theatralischer zu Werke. Was allerdings nichts daran ändert, dass ihre verbreitete Einordnung unter Prog im Grunde falsch ist. Der Pop-Appeal mag auf "Wheels within wheels" vordergründig eine geringere Rolle spielen, ist aber weiterhin ein unverkennbarer Bestandteil der musikalischen DNA.

So mögen Meer das "Playing house" zwar verlassen haben, aber ihren stets der wohlklingenden Einprägsamkeit verpflichteten Spieltrieb haben sie mitgenommen. Perfekt illustriert wird das bereits mit dem Opener "Chains of changes", dessen liebliches Piano ein Festival der Sinne eröffnet, auf dem die Abteilungen für Rhythmus und Gesang ein äußerst lebendiges Stelldichein geben. Meer können allerdings auch ernstere Töne anschlagen, wie sie zunächst mit "Behave" und später mit "Something in the water" beweisen. "Behave" lehnt sich namentlich wohl nicht zufällig an "Beehive" vom Zweitwerk an und folgt zunächst auch dessen Charakteristika, entwickelt sich im Verlauf aber in eine effektvollere Richtung.

Nach wie vor überzeugen Meer vor allem dann, wenn die Stimmen des singenden Geschwisterpaars Knut und Johanne Nesdal ihr gesamtes raumgreifendes Potenzial eigenständig entfalten können. Das verdeutlichen das flotte "Take me to the river", das gerade in der zweiten Hälfte prachtvolle "Come to light" sowie das berührende "Mother". Vor allem aber "Today tonight tomorrow", was sich als großer Auftritt von Sänger Knut Nesdal in berauschende Höhen schraubt und besonders live begeistern dürfte.

Überhaupt ist da dieses ausgeprägte Gespür, schon an sich überzeugenden Ideen mit dramaturgisch ausgefeilten Richtungs- und Tempowechseln zusätzliche Erhabenheit zu entlocken. Paradebeispiele dafür sind "To what end" und "Golden circle", das in Sachen Hitpotenzial vielleicht nicht ganz an ein "Nothing matters" von The Last Dinner Party heranreicht, aber doch zu Recht als vorab veröffentlichte Single das güldene Licht der Welt erblickte.

Begeisterung ist also die hier vorherrschende Empfindung – die mit dem Schlusstrack allerdings einen deutlichen Dämpfer bekommt. Wie schon auf "Playing house" mit dem (damals jedoch nicht wertungsrelevanten) Bonustrack irritieren Meer mit einem jähen Qualitätsabfall. Der in nervlich belastendes Schreien ausartende Refrain im noch dazu überlangen "This is the end" ist ein übler Schnitzer. Zum Glück wird er nicht zu oft wiederholt, was den ansonsten mit dem gewohnten Feingefühl komponierten Song vor dem Totalausfall bewahrt, sodass es im Gesamteindruck immer noch für ein sehr gutes Album reicht. Jammerschade ist es trotzdem. Wie der letzte Biss in die schimmlige Stelle eines bis dahin so schmackhaften Lebensmittels.

(André Schuder)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Chains of changes
  • Golden circle
  • Today tonight tomorrow

Tracklist

  1. Chains of changes
  2. Behave
  3. Take me to the river
  4. Come to light
  5. Golden circle
  6. To what end
  7. Today tonight tomorrow
  8. World of wonder
  9. Mother
  10. Something in the water
  11. This is the end
Gesamtspielzeit: 60:51 min

Im Forum kommentieren

Arne L.

2024-09-13 16:32:13

Finde das Album richtig, richtig super! Alles so schön groß und offen. Werde das noch oft hören, denke ich!

Speedy

2024-08-23 12:09:11

super erste songs. besonders die stimmen der beiden sänger bzw sängerin sind toll. auch playing house war schon richtig klasse und der nachfolger scheint ja auch echt gut zu sein. ich werden reinhören.

Armin

2024-08-21 10:34:49- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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