Post Malone - F1 trillion

Republic / Universal
VÖ: 16.08.2024
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Yo! Country for old men

Es hatte sich angekündigt: Schon 2022 wurde Post Malone gefragt, ob er sich vorstellen könne, eine Country-Platte aufzunehmen. Nonchalante Antwort damals: wenn er das wolle, könne ihn nieman daran hindern. Da begannen bereits progressive Kräfte, das verstaubte Genre aufzumischen. Durch die Zusammenarbeit mit Beyoncé auf "Cowboy Carter" warf dann auch Malone seinen Hut in den Ring. "F1 trillion" überträgt nun das, was er besonders gut kann – Allianzen schmieden und Crosspromotion betreiben – in die Welt des Mittleren Westens. Austin Richard Post hat halb Nashville antanzen lassen, um seine Platte zu füllen: Von den 18 Songs kommen gerade einmal drei ohne Feature eines reichweitenstarken Zugpferdes der Szene aus. Von Chris Stapleton und Brad Paisley über Luke Combs bis hin zur altehrwürdigen Dolly Parton sind alle vertreten. Daneben gesellen sich mit Hardy, Morgan Wallen und Jelly Roll die Nachwuchskräfte des berittenen Schlagers. Das hatte im Vorfeld den gewünschten Effekt: Malone zog mit der Vorab-Single "I had some help" in sämtlichen Country-Charts mit der Lasso-Legende Garth Brooks gleich. Dieses Album war schon auf Erfolg programmiert, bevor es überhaupt erschienen ist.

Doch was mit Beyoncé noch als Genre-Grenzen sprengender Überraschungscoup angelegt war, könnte hier zum Verhängnis werden. Denn was Malone anfasst, wird so lange geschliffen, bis radiotauglicher Mainstream daraus geworden ist. Das mag in der Vergangenheit hervorragend funktioniert haben, wenn der gesichtstätowierte Provokateur eine gewisse Underground-Coolness ins Licht des Massengeschmacks gezerrt hat. Country ist aber in den USA bereits Mainstream, die erwartete Spannung bleibt weitgehend aus und so ist "F1 trillion" vor allem ein konservatives und langweiliges Album geworden. Und die ausgewählten Gaststars ziehen die Platte erst recht in das gemächliche Fahrwasser dessen, was die Konservenfabrik Nashville jeden Tag als Massenware produziert. "I had some help" könnte auch auf jeder anderen Scheibe von Shania Twain bis Keith Urban vorkommen und macht den Gast Morgan Wallen eher blasser, als dass es ihm eine neue Seite entlocken würde. So kann man fast alle Songs aufzählen, die wie Zuckerwatte aufgeblasen sind: "Pour me a drink", "Guy for that", "Devil I've been" oder "Goes without saying". Das ist Country, konzipiert für Stadiongröße.

Einige Perlen, bei denen die riesige Produktion ein wenig heruntergefahren wurde, durchbrechen dieses Muster. "Nosedive" ist eine schöne Ballade geworden, bei der Lainey Wilson mit ihrer zerbrechlichen Art endlich ein wenig Luft für Gefühle schafft. "Devil I've been", schunkelt zwar noch, kommt aber etwas bodenständiger daher. Und Malone ist gar nicht so schlecht, wenn er es einfach allein versucht: "Yours" ist zwar noch kein Meisterwerk, aber man ahnt, wohin die Reise hätte gehen können, wenn mittels Gaststars nicht in alles schon eine Erfolgsgarantie eingebaut wäre. Und als ob Malone auch dies geahnt hätte, erschien nur einen Tag nach Veröffentlichung eine erweiterte Version von "F1 trillion" mit dem Untertitel "Long bed" in den Streamingportalen, auf der neun weitere Solo-Songs von Malone enthalten sind. Und würden diese hier zur Rezension stehen, sie gäben das bessere Album ab. Es ist also zu hoffen, dass "Long bed" auch als physischer Tonträger erscheint.

Nicht unerwähnt bleiben sollte allerdings das unerträglich narzisstische Selbstbild, das der Megastar in seinen Texten offenbart. Trotz der vielen Features geht es ausschließlich um Malone selbst. Seine Sicht, seine Gefühle und sein Verhalten sind der Maßstab in "Guy for that" oder "Have the heart", und wird ein Gegenüber angesprochen, dann nur, um das eigene Ich zu spiegeln oder ihm die Schuld für das eigene Verhalten in die Schuhe zu schieben wie in "Never love you again" oder "What don't belong to me". Das klingt alles eher nach toxischer Männlichkeit als nach progressivem Country. Singt er vom Verlieren, dann großzügig über sein Verständnis für alle "Losers", und das sind natürlich die anderen. Dieses verbale, cowboyhafte Menspreading seiner Songs wirkt irgendwie aus der Zeit gefallen, und die zur Schau getragene Härte seines Images fällt ihm hier mit voller Wucht auf die Füße. Da sind Orville Peck oder eben Beyoncé eine ganze Nasenlänge weiter. Es dürfte spannend sein, wie Fans von Taylor Swift diese Scheibe einordnen, da Malone schon dicht an ihrem Universum geparkt hat - und trotzdem ein Männlichkeitsbild aus dem letzen Jahrhundert vor sich herträgt.

(Stephan Dublasky)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Nosedive
  • California sober
  • Yours

Tracklist

  1. Wrong ones
  2. Finer things
  3. I had some help
  4. Pour me a drink
  5. Have the heart
  6. What don't belong to me
  7. Goes without saying
  8. Guy for that
  9. Nosedive
  10. Losers
  11. Devil I've been
  12. Never love you again
  13. Missin’ you like this
  14. California sober
  15. Hide my gun
  16. Right about you
  17. M-e-x-i-c-o
  18. Yours
Gesamtspielzeit: 57:58 min

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