Die Moulinettes - Serendipity Park
Paul! / ZombaVÖ: 23.02.2004
Park-Scheibe
Keine Frage, ein großartiger Album-Titel. Und sogar doppelt interpretierbar: Zum einen ist "Serendipity" ein im englischen Sprachraum gängiger Begriff für das Phänomen, etwas zu finden, nachdem man eigentlich gar nicht gesucht hat. Berühmtestes Beispiel: Columbus' Entdeckung Amerikas. Womit wir auch schon in der Heimat der zweiten Bedeutung wären: der "Serendipity Park" ist ein Nudistenpark im US-Bundesstaat Georgia. "That's rock'n'roll!", dachten sich da wohl die Moulinettes. Nur: Sind die Moulinettes auch Rock'n'Roll und finden souverän, ohne zu suchen? Ihre neueste Platte jedenfalls löst ähnliche Reaktionen wie eine Blumfeld-CD aus: Ist das jetzt Ironie? Ist das Ernst? Wer da möglicherweise etwas nicht versteht, sollte vielleicht mal Nachhilfe bei den Japanern, Spaniern und Italienern nehmen, bei denen die Münchener Band doch so erfolgreich ist.
Der gepflegte Ennui im Easy-Listening-Gewand betritt den Fahrstuhl und begibt sich, inklusive unschuldiger Chorgesänge, mit den drei musizierenden Damen samt Quotenmann in Richtung 60s-Pop. Es gibt ja diese Aufzüge, die den Eindruck erwecken, man sei zu Fuß garantiert schneller gewesen. Und dann klemmt auch noch die Tür. Das an dieser Stelle nicht umsonst, denn schon der erste Titel, "Unsere Anwälte", verleitet zu der Annahme, daß sich da eine Band mit guten Ideen durch die weniger gelungene Umsetzung derselben schleppt. Musik, der man ein wenig ins Gesäß treten möchte, damit sie der Qualität ihrer Texte folgen kann. Die sind nämlich größtenteils durchaus erfreulich, intelligent und amüsant: "Beim ersten Mal trafen sich unsere Blicke / Beim zweiten Mal trafen sich unsere Hände / Beim dritten Mal trafen sich unsere Lippen / Beim vierten Mal trafen sich unsere Anwälte.
Erinnert sich noch jemand an die zumeist leicht streberhaften Mitschülerinnen, die im Mittelstufenmusikunterricht jeden Ton von "Scarborough Fair" ganz exakt dem Notenwert entsprechend sangen und somit dem Lied endgültig jeglichen Rest von Verve nahmen? Auch ein bißchen das Problem von Moulinettes-Sängerin Claudia Kaiser. Vor allem bei der ersten Single, der Boogiepiano-Nummer "Rockin' after Mitleid", die leider ein wenig nach Mädchentreff-Rock-AG klingt. Dabei geht das doch auch anders, sogar im gleichen Song: leichtfüßiges Näseln mit einer durchaus guten Portion Swing in der Stimme. Aber auch wenn hier und da mal ein unerwartetes Banjo oder eine Harmonika hervorlugt, ist doch die einzige wirkliche Überraschung, daß der Fahrstuhl für "Dreckiger als auf dem Mond" einen zweiminütigen Zwischenstop im Rotz-Punk-Stockwerk einlegt. So machen die Moulinettes richtig Spaß. Aber dann wartet gleich nebenan schon wieder die nächste musikalische Belanglosigkeit.
Trotzdem: Die Melodien setzen sich ja schon irgendwie im Ohr fest. Vielleicht ist es einfach der Stil der Moulinettes, sich selbst auszubremsen. Und ein eigenes Profil ist in Zeiten von Fließband- und Trittbrett-Gruppen ja durchaus lobenswert. In jedem Falle aber kann der Wunsch für ein "Serendipity"-Erlebnis beim Studioaufenthalt in Sachen vierter Longplayer nicht schaden. Und dann könnte man sogar darüber hinwegsehen, wenn der nächste Album-Titel ein bißchen weniger großartig wäre.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Dreckiger als auf dem Mond
Tracklist
- Unsere Anwälte
- BBQ
- Rockin' after Mitleid
- Schlaflied
- Dreckiger als auf dem Mond
- In der Unheilbar
- Cary Grant
- Am Abgrund Schlange stehen
- Unterwegs mit dem Duke
- Dieses Lied
Referenzen