Ghost - Rite here rite now

Loma Vista / Concord / Universal
VÖ: 26.07.2024
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Das Beichtgeheimnis

Irgendwann während des Auftritts von Ghost in der mit 12.000 Fans bumsvollen Hamburger Barclays-Arena im Juni 2023 wurde aus dem exaltierten Frontmann Papa Emeritus IV einmal kurz ein nachdenklicher Tobias Forge. 2011 hatten die damals noch komplett hinter ihrer Bühnenidentität versteckten Schweden ihre erste Tour in Deutschland gespielt, eine der ersten Shows davon ebenfalls in Hamburg im winzigen MarX. "We've come a looong way", sinnierte Forge, und recht hatte er. Was der Mann aus Linköping allerdings anpackt, macht er mit Vollgas. Insofern juckte es ihn schon 2018 auf "Ceremony and devotion" nicht im Geringsten, dass sich das Medium Live-Album längst überlebt hat. Genau deshalb durfte es heuer gleich ein abendfüllender Spielfilm sein, der die fiktive Biographie des fiktiven Frontmanns erzählt, eingebettet in Aufnahmen von besagter 2023er-Tour – und dabei Streifen wie "Some kind of monster" entspannt in den Schatten stellt. Daraus jetzt ein Soundtrack-Album zu destillieren, das dann wiederum doch eine klassische Live-Platte darstellt, wirkt zwar etwas skurril, aber so ist es nun mal – wer kann, der kann.

Die Songauswahl mag dabei gerade bei langjährigen Fans auf den ersten Blick für Erstaunen sorgen. Denn die ersten beiden Alben bleiben im Unterschied zum Film unberücksichtigt, selbst vom Durchbruch "Meliora" haben es mit "Cirice" und "Absolution" lediglich zwei Songs auf "Rite here rite now" geschafft. Der zweite Blick jedoch zeigt, dass genau darin der Unterschied zu "Ceremony and devotion" liegt, die einzelnen Schaffensphasen also wohlsortiert über diese beiden Alben verteilt sind. Und dass das Genesis-Cover "Jesus he knows me" fehlt, ist auch kein wirklicher Verlust – erst recht nicht, wenn dafür die Non-Album-Tracks "If you have ghosts" (in einer wunderbaren Streicher-Version) oder "Square hammer" auftauchen.

Ein weiteres Highlight: Erstmalig ist die komplette sogenannte 1969er-Session gemeinsam vertreten, also neben den bereits bekannten Stücken "Mary on a cross" und "Kiss the go-goat" auch der neue Song "The future is a foreign land", auch wenn der im Film erst während des Abspanns läuft und somit als Studio-Version irgendwie nachträglich angeflanscht wirkt. Darüber hinaus wird selbst ohne visuelle Umsetzung immer wieder deutlich, wie groß Ghost mittlerweile sind. Forge wird von Jahr zu Jahr charismatischer, beschwert sich zwischendurch hörbar grinsend, dass die Show an einem schnöden Dienstag stattfindet, und das Publikum möge doch bitte so tun, als sei Freitag und entsprechend ausrasten.

Und da vor allem die letzten beiden Studioalben mit Hits förmlich gespickt sind, ist die Setliste am Ende ein No-Brainer, ob nun derbe Rocker wie "Kaisarion", das Grammy-dekorierte "Cirice" oder das Vaudeville-Massaker "Twenties". Einzig bei "Dance macabre" vermisst man die optische Komponente, denn hier funktionieren Ghost die Bühne zu einem glitzernden Tanzpalast um und konterkarieren mit feiner Ironie den Pop-Appeal des Songs. Wer es allerdings immer noch nicht wahrhaben will: Ghost sind längst im Mainstream angekommen, ob es den Fans der ersten Stunde nun gefällt oder nicht. Wer die Band in dieser Zeit verfolgt hat, weiß aber auch, wie viel harte Arbeit in diesem Ergebnis steckt. It's a long way to the top if you wanna rock'n'roll.

(Markus Bellmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Cirice
  • Watcher in the sky
  • If you have ghosts
  • Mary on a cross

Tracklist

  • CD 1
    1. Imperium
    2. Kaisarion
    3. Rats
    4. Faith
    5. Spillways
    6. Cirice
    7. Absolution
    8. Call me little sunshine
    9. Watcher in the sky
  • CD 2
    1. If you have ghosts
    2. Twenties
    3. Miasma
    4. Mary on a cross
    5. Respite on the spitalfields
    6. Kiss the go-goat
    7. Dance macabre
    8. Square hammer
    9. The future is a foreign land
Gesamtspielzeit: 90:20 min

Im Forum kommentieren

VELVET UNDERGROUND

2024-08-29 19:57:06

Wenn ein Band bei Prollrock-Bellmann angekommen ist, ist sie künstlerisch tot.

Klaus

2024-08-21 11:17:33

Kein Fatboy-Slim-Cover bei dem Titel ist ne Enttäuschung. Und ja, Ghost kann man sowas durchaus zutrauen.

Armin

2024-08-21 10:31:44- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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