Eminem - The death of Slim Shady (Coup de grâce)

Shady / Aftermath / Interscope
VÖ: 12.07.2024

Nur Pferden gibt man den Gnadenschuss

Slim Shady:
Da bin ich wieder. Habt Ihr mich vermisst? Ohne mich ist dieser Marshall Bruce Mathers III – haha, der Dritte, als ob irgendjemand den ersten, zweiten oder viertelvorzwölften Marshall Mathers kennen würde – doch gar nichts. Aber hier stehe ich, The Real Slim Shady. Und ich spitte die saftigsten Schimpftiraden dies- und jenseits von Else Kling.

Marshall Mathers:
Alter, Dich werde ich echt nicht los, oder? Aber warte nur, dieses Mal sarge ich Dich endgültig ein. Habe extra ein gutes Dutzend Produzenten angeheuert, um meine Reimkunst auf ein neues Level zu heben. Einen echten Hit haben wir auch mal wieder geschrieben, "Houdini", mit Dank an die Steve Miller Band und ihr "Abracadabra"! Und Features mit mir wollen heutzutage auch irgendwie alle. White Gold, Sly Pyper, JID, Dem Jointz, Ez Mil, Skylar Grey, Big Sean, BabyTron, Jelly Roll ...

Slim:
Die haste Dir doch ausgedacht, die Namen, Du Spack. Wie soll ich sie denn beschimpfen, als midgets, pricks, hoes, sluts, dicks oder doch klassisch als motherfuckers? Die können alle mal meinen ass kissen und meinen dick sucken, you know. Du siehst, die Beleidigungskiste ist prall gefüllt. Ich habe außerdem handgezählte 37 bitches, 76 shits und 107 fucks mitgebracht, die kübele ich über dieser Platte aus, bis es komisch riecht. Wollen doch mal sehen, ob das nicht für Triple-Platin sorgt.

Marshall:
Aber ich habe es doch rausgeschafft! Aus dem Trailerpark, aus dem White-Trash-Leben. Hast Du nicht mein oscarprämiertes Biopic "8 mile" gesehen?

Slim:
Ich guck' nur Pornos und Horrorfilme, Du Pussy.

Marshall (seufzt):
Und stolzer Vater bin ich auch. Liebe meine Kinder, die haben es jetzt schon zu mehr gebracht, als Leute wie du es jemals könnten. Wenn ich an sie denke, kommen mir die Tränen des Glücks. Darum habe ich ihnen mit "Temporary" und "Somebody save me" auch gleich zwei Hymnen geschrieben.

Slim:
Buhuhuu. Mir kommen auch die Tränen, aber aus anderen Gründen. Sieh Dich nur an, Mann! Balladen mit Kindern! Peinlich! Dad-Rap, ekelhaft! Über 50 Jahre alt und immer noch keine vernünftige Blondierung auf dem Schädel. Das Einzige, was die Leute von Dir hören wollen, sind meine Provokationen. Beleidigungen von Schwächeren oder Minderheiten, die sich nicht oder nicht mehr wehren können. Caitlyn Jenner, Christopher Reeve und so. Transpersonen, Minderwüchsige und die ganze woke Cancel-Culture, die müssen mal ordentlich den Spiegel vorgehalten bekommen. Und wenn irgendjemand meint, das ginge heutzutage nicht mehr, murmel einfach was von wegen Kunstfigur – oder schick die Weicheier gleich zu mir.

Marshall:
Aber Du bist doch auch eine Kunst ...

Slim:
Vorsicht! Don’t bite the hand that feeds you!

Dr. Dre:
Äh, Marshall? Meinst Du wirklich, dass es 19 Tracks und knapp 65 Minuten sein müssen? Und die ganzen Features? Und die Effekte? Nicht lieber eine straffe Platte mit knackigen Beats und Konzentration auf Deine immer noch einzigartig rasanten Reimfähigkeiten? Da würde ich dann auch mehr als nur einzelne Tracks produzieren.

Marshall:
Hm, also, äh ...

Slim:
Der alte Mann kann sich halt nicht entscheiden. Lasst mich da mal ganz alleine ran! Aber halt, hey, was wollen die Leute mit den weißen Kitteln denn hier?

Doktor (nicht Dre):
Herr Eminem, kommen Sie mal bitte mit. Wir müssen reden, ganz in Ruhe.

(Thomas Bästlein)

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