Remi Wolf - Big ideas
Island / UniversalVÖ: 12.07.2024
Knäuel-Pop
"Is there something wrong with the way that I'm designed?", fragt Remi Wolf in "Cinderella" – höchstwahrscheinlich nicht, möchte man sie beruhigen, ist sie doch von zahlreichen "boys in the hotel lobby" umgeben und fantasiert sich frech ein fremdgehendes Aschenputtel herbei, das sämtliche Erwartungen an Keuschheit mit Vergnügen unterwandert. Der spaßige Einstieg zu "Big ideas" lässt es bereits erahnen: Ihren kreativen Breitwand-Pop füttert die Kalifornierin am liebsten mit (Disco-)Funk und Soul, aber auch mit Spuren von Indie-Rock und verirrten Ska-Tupfern. In "Cinderella" ebenfalls äußerst prominent platziert: eine Trillerpfeife! Der zweite Langspieler der Künstlerin aus Palo Alto ist ein einziges Gewusel an Sounds und Zutaten, trotz seines Mixtape-Charakters aber auch außerordentlich unterhaltsam und catchy geraten. Denn gute Ideen sind mitunter wichtiger als sichere Strukturen.
Definitives Markenzeichen des Albums: die ungemein dichte und verspielte Instrumentierung. Ganz dem Zeitgeist entsprechend schielt dabei nicht nur der kurzzeitig an Wolf Alice gemahnende Dreampop von "Cherries & cream" deutlich ins Psychedelische, auch "Frog rock" wirft sich ins freigeistige Getümmel und lässt zwischendurch sogar noisige Albernheiten zu. Dass Wolf sich dem ganzen Musik-Ding zunächst über die Teilnahme an "American idol" nähern wollte – man glaubt es heute kaum noch. Dass sie anschließend ganz ernsthaft Musik studierte, schon eher. Der Bedroom-Soul von "Motorcycle" frönt der Entschleunigung und beschwört schlaftrunkene Impressionen des Aufwachens nach einer durchzechten Nacht. Der Quasi-Titeltrack "Kangaroo" unterbricht schließlich mittels Stimmverzerrung und Saxofon seinen Flow, nur um danach weiter zu tanzen, als sei nichts passiert. Vieles an "Big ideas" ist ein kunterbunter Jahrmarkt der Seltsamkeiten.
So artsy muss es aber nicht ständig zugehen: "Alone in Miami" bereitet mit seiner Neunziger-Schlagseite schon darauf vor, dass sich "Wave" später stabile Bratgitarren von Wolfs ehemaliger Tour-Partnerin Olivia Rodrigo mopst und fette Riffs in den hüpfenden Funkpop schnipselt. "Baby's gonna buy me a big boat for my birthday", dann geht die Rock-Sause ab. Ein weiterer Ausflug über den Genre-Tellerrand ist "Soup": In dem funkelnden Dance-Popper singt sich Wolf in die glitzernden Achtziger zurück und erreicht gerade in ihren Vocals eine ungeheure Intensität. Sowieso ist es völlig gleich, welcher Stilrichtung sie sich gerade annimmt, denn Stimme und Lyrics sitzen immer wie angegossen, nicht zuletzt im versöhnlichen Beinahe-Closer "Just the start" und seinem waschechten Singer-Songwriter-Abgang. "Big ideas" macht seinem Namen also alle Ehre, springt von einer Idee zur anderen und setzt jede mit Verve und Vibes passend um, ohne sich zu verheddern. Der rote Faden? Liegt derweil zusammengeknäuelt und unentwirrbar in der Ecke.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Cinderella
- Soup
- Kangaroo
- Wave
Tracklist
- Cinderella
- Soup
- Motorcycle
- Toro
- Alone in Miami
- Cherries & cream
- Kangaroo
- Pitiful
- Wave
- When I thought of you
- Frog rock
- Just the start
- Slay bitch (Bonus track)
Im Forum kommentieren
Armin
2024-07-27 00:42:07
"Soup" finde ich einen überragenden Song. Der Rest: sehr nett.
Saschek
2024-07-25 08:22:37
Ja - cooles Album. Bin witzigerweise via Forza Horizon 5 auf sie gestoßen. Da hat sie einen Song für den Soundtrack beigesteuert. Super Sängerin.
Armin
2024-07-22 20:27:39- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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