James Blake & Lil Yachty - Bad cameo

Quality Control / Motown / Republic
VÖ: 28.06.2024
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
5/10

Friends that bore your heart

"What the fuck?" Lil Yachty zufolge soll sein Kollabo-Album mit James Blake primär diese drei Worte als Reaktion hervorrufen – dabei schockiert die Zusammenarbeit der beiden inzwischen nicht einmal mehr auf dem Papier. Blake ist schließlich schon lange kein Indie-Darling mehr, hat sich nach seinen gehypten Anfängen als Dubstep dekonstruierender Soul-Crooner als gefragter und mainstreamnaher HipHop-Produzent etabliert. Yachty wiederum wird spätestens nicht mehr als wandelndes Autotune-Trap-Stereotyp wahrgenommen, seitdem er ein Pink Floyd huldigendes Psychedelic-Rock- und -Pop-Album namens "Let's start here" aus dem Bucket-Hat geschüttelt hat. Der harte Kontrast, den die Cover-Gegenüberstellung von Teetasse und Lean-Cup suggeriert, findet auf "Bad cameo" in diesem Sinne nicht statt. Anstatt in der künstlerischen Reibung Funken sprühen zu lassen, verschmilzt das überhaupt nicht ungleiche Paar seine geteilten Sensibilitäten für vernebelten Zeitlupen-Pop zu einem stellenweise Ambient-artigen Sedativum. Es gibt zweifelsfrei viele gute, einige großartige Momente auf der Platte, doch kommt das "WTF?" nur in den Passagen auf, in denen die zwei eigentlich risikobereiten Künstler in erster Linie Langeweile erzeugen.

In dieser Hinsicht ist es nicht gerade hilfreich, dass schon die Albumeröffnung enttäuscht. "Save the savior" wirkt statisch und leer, ein steriles Selbstmitleids-Lament, das auch eine pseudo-cineastische Steigerung nicht retten kann. Im Titeltrack zerfließen beide Stimmen mit dem reizlosen Instrumental zu einem einzigen Kamillenbad. "Did you ever love me?", fragt Yachty immer wieder, vielleicht in dem Wissen, dass er vor allem dann liebenswert war, als er Radioheads "Pyramid song" verwurstet und Gitarrensolos in die Stratosphäre geschickt hat. Zum Glück ist alles, was zwischen diesen zwei Songs passiert, deutlich spannender. Die glockenhellen Synths von "In grey" schaffen ein akustisches Idyll, ohne einzuschläfern, ehe auf einem nervösen, basszerfressenen Beat wundersame Dinge passieren. In "Midnight" erstarren die harmonischen Hooks in der Mitte, um die Richtung zu einem Piano-dominierten Rhythmus zu ändern und Blake den Coldplays dieser Welt zeigen zu lassen, wie das mit dem Pathos auf geschmackvolle Weise funktioniert. "Woo" ist dahingegen ein ganz anderes Biest, verschiebt den Fokus stärker zum Rap und untergräbt seine hallenden Tasten mit unheilvollen Verzerrungen.

Dass "Bad cameo" seinen Tracks oft in der zweiten Hälfte neues Leben einhaucht, ist dramaturgisch sinnvoll, manchmal aber auch frustrierend: Warum müssen Yachtys durch mehrere Effekte gejagte Vocals in "Missing man" erst minutenlang herumirren, bevor der einsetzende Beat alles mit viel Zug geraderückt? Dann lieber direkt im Club starten und vom Four-to-the-Floor-Gebounce erschöpft per Spoken-Word-Part gegen die Hater ledern, wie es Yachty in "Twice" tut. Blakes Produktionsskills glänzen indes vor allem in "Transport me", das der zweiten Albumhälfte ihren intensiv-sehnsüchtigen Höhepunkt schenkt – ein Jammer, dass die dröge Reverb-Ballade "Run away from the rabbit" das Momentum im Anschluss wieder erstickt. Dabei beweist der Closer "Red carpet", wie sich auch ohne Tempo Spannung entfalten kann. Wie in einem auf links gedrehten Gospelstück begleiten paranoide Drones die Stimmen der beiden Kollaborateure, erst die finale Hammond-Orgel bringt so etwas wie Seelenfrieden. Textlich beklagt Yachty den Druck der Öffentlichkeit, während Blake übers Altern sinniert: "I wanna be here for the first grey hairs / And when they arrive, we'll roll out the red carpet." Grau wird man beim Hören von "Bad cameo" nicht, eine musikalische Verjüngungskur sucht man aber besser woanders.

(Marvin Tyczkowski)

Bei Amazon bestellen / Preis prüfen für CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis prüfen für CD und Vinyl

Highlights & Tracklist

Highlights

  • In grey
  • Midnight
  • Transport me

Tracklist

  1. Save the savior
  2. In grey
  3. Midnight
  4. Woo
  5. Bad cameo
  6. Missing man
  7. Twice
  8. Transport me
  9. Run away from the rabbit
  10. Red carpet
Gesamtspielzeit: 43:41 min

Im Forum kommentieren

keeeyt

2024-07-22 22:24:26

6/10 zu geben ist eine Beleidigung. Es ist min. 8/10 und AUCH nicht langweilig!

Armin

2024-07-22 20:25:12- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

Meinungen?


Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.

Spotify

Threads im Forum