Tiny Habits - All for something

Mom+Pop
VÖ: 24.05.2024
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 4/10
4/10

Schon schön

Wie schön darf etwas sein, bevor es in Kitsch umschlägt? Die Definition derartiger ästhetischer Gesichtspunkte ist auch in Sachen Musik eine höchst subjektive Angelegenheit. Was dem einen romantisch erscheint, ist der anderen vielleicht schon wieder viel zu belanglos. Des einen Schönheitsbegriff löst bei der anderen vielleicht nur das große Rätseln aus. Wer dem US-amerikanischen Trio Tiny Habits zuhört, müsste eigentlich fast zwangsläufig konstatieren: Ist das schön! Da es objektive Urteile im künstlerischen Bereich aber nun einmal nicht gibt, dürften die Songs auf dem Debütalbum "All for something" keinesfalls something for all liefern. Aus höchst subjektiver Sicht sei aber vorangestellt: Die drei Musiker*innen verdienen aufmerksame Ohren.

Nicht einmal zwei Minuten dauert der Auftakt. "Circling" ist ein ganz und gar reduzierter Opener, der das in den Mittelpunkt stellt, was während der etwas mehr als insgesamt 40 Minuten stets im Fokus steht: die Stimme. Oder besser die Stimmen, denn Maya Rae, Cinya Khan und Judah Mayowasich wechseln sich mal im lyrischen Vortrag ab, mal tragen sie ihre Texte auch gemeinsam vor. "People always change" ist dafür ein gutes Beispiel, eine feine Uptempo-Nummer, die gleich mal klarstellt, dass der zurückgenommene Vortrag aus dem ersten Stück nicht alles dominierend ist. Zum Glück! "The knocker" gerät in der Folge eine Prise zu betulich, "Flicker" fängt das aber rasch wieder auf. Hier umschleichen sich die Stimmen praktisch, greifen clever ineinander und entfernen sich zwischendurch wieder. Später, nachdem der ausgedehnte und jederzeit stimmig komponierte Mitteilteil mit "Planting flowers" zu einem stilvollen Ende kommt, erhöht die Band noch einmal die Geschwindigkeit. "I don't have the heart" unterstreicht dabei vortrefflich, dass sich die drei derlei Uptempo-Ausflüge ruhig noch häufiger zutrauen dürften. Vielleicht ist das der einzige Vorwurf, den man formulieren mag: Die Musiker*innen stehen bei all ihrer unbestrittenen Qualität etwas zu sehr auf der Bremse.

Schön, und damit zurück zu diesem nur scheinbar einfachen Begriff, ist übrigens auch die Geschichte, wie sich das Trio kennengelernt hat. Im Wohnheim am Berklee College of Music trafen sich Maya Rae, Cinya Khan und Judah Mayowasich regelmäßig im Treppenhaus, um gemeinsam bekannte Songs zum Besten zu geben. Das an sich hätte nur zu lokal begrenzter Anerkennung gereicht, erst die Präsenz bei TikTok sorgte für ordentlich Aufsehen. Von dort aus war es bis zu positiven Reaktionen unter anderem von Elton John und Auftritten im Vorprogramm von Gracie Abrams und Noah Kahan ein erstaunlich kurzer Weg, bevor eine erste EP und nun ein komplettes Album folgten. Mit der Produktion wurde unter anderem Tony Berg betraut, der sich mit dieser Art der Musik bestens auskennt: Er zeichnete auch für das famose "The record" von Boygenius verantwortlich. Trotz der Nähe zu vielen großen Namen wirken Tiny Habits außerordentlich bodenständig – inmitten all ihrer musikalischen Schönheit.

(Torben Rosenbohm)

Bei Amazon bestellen / Preis prüfen für CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis prüfen für CD und Vinyl

Highlights & Tracklist

Highlights

  • People always change
  • Flicker
  • I don't have the heart

Tracklist

  1. Circling
  2. People always change
  3. The knocker
  4. Flicker
  5. Mudroom
  6. Malleable
  7. Broken
  8. I don't have the heart
  9. Small enough (alt)
  10. Wishes
  11. Salt & sand
Gesamtspielzeit: 42:28 min

Im Forum kommentieren

Armin

2024-06-19 21:52:50- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

Meinungen?

Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.

Spotify

Threads im Forum