Richard Hawley - In this city they call you love

BMG / Warner
VÖ: 31.05.2024
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Die Stadt, die manchmal schläft

Egal, wie lange Richard Hawley noch Musik macht und wie oft er dabei die Top 10 des Vereinigten Königreichs knackt: Am Ende sitzt er weiterhin in seinem geliebten Sheffield und hört den Stimmen seiner Mitmenschen zu. "Two for his heels", der Opener von Hawleys neuntem Album "In this city they call you love", sei inspiriert von einem Kartenspiel, das er in seiner Nachbarschaft aufgeschnappt hat. "Got to get myself on top of that hill / Her daddy got drunk and he wanted to kill / If she don't love me, then nobody will", spinnt er die Geschichte von einem der Männer weiter, imaginiert das Durchbrennen mit der Tochter einer tyrannischen Machtfigur. In Sachen Energielevel ist der Song kein Vergleich zu "Off my mind", dem furiosen Eröffnungsstück des Vorgängers "Further" – doch erzeugt er mit Starkstrom-Twang, einer ominös kreisenden mexikanischen Bassgitarre und klapperndem Rhythmus eine Dringlichkeit, auf die der Rest der Platte leider nur noch selten zurückkommt. Zwar entschlackt Hawley hier seine weitläufigen Arrangements, verharrt aber größtenteils im Balladen-Modus. Das ist in manchen Momenten wunderbar intim und schön, in anderen verschiebt sich die charakteristische Unaufgeregtheit eher in Richtung Langeweile.

Dabei bleibt der Beginn vielversprechend."Have love" schafft das Kunststück, viereinhalb Minuten lang auf im Grunde zwei Akkorde zu bauen und die Saiten dennoch ohne Spannungsabfall knistern zu lassen – ein arschtrockener Blues, der jede nordenglische Grünfläche in eine texanische Wüste verwandelt. Wenn "Prism in jeans" zum ersten Mal rein aufs Akustische setzt, trifft die von Streichern begleitete und mit einer Roy-Orbison-Grandeur geschmetterte Refrain-Melodie voll ins Schwarze. "People" braucht sogar nur einen minimalsten Beat und ein bisschen Gezupfe, um mit gravitätischen Vocals den offenen Armen Sheffields zu huldigen – auch wenn Hawley-Kenner*innen ohne diesen Quasi-Titeltrack schon erahnt haben könnten, auf welche Stadt "In this city they call you love" Bezug nimmt. Erst in der auf der Stelle tretenden Country-Nichtigkeit "Hear that lonesome whistle blow" vermisst man zum ersten Mal das Verstärkerrauschen vom Anfang. Nun muss Hawley nicht gleich zynisches Gift spucken oder Noise-Abrisse aus den Boxen knallen, doch litten bereits vergangene Alben unter zu viel von solchem Heile-Welt-Easy-Listening, das der 57-Jährige eigentlich gar nicht nötig hätte.

Als hätte er's gewusst, ist das folgende "Deep space" für Richard-Hawley-Verhältnisse gar nicht so weit davon entfernt, einen Noise-Abriss aus den Boxen zu knallen – und relativiert die Sache mit der heilen Welt gleich mit. "Oh my God, what have we done?", fragt er über unheimlich treibenden Drums und Feedback-Explosionen, die sich in einem Wah-Wah-Fuzz-Solo verdichten dürfen. Es ist ein beeindruckend lautes und zugvolles Aufbäumen, ehe die verbleibende zweite Albumhälfte wieder jedes Tempo rausnimmt. Abgesehen vom öden Schunkler "When the lights go out" ist hier nichts wirklich schlecht: Ob "Do I really need to know?" einen Schleich-Groove zwischen Bossa Nova und Soft-Soul aus dem Ärmel schüttelt oder "I'll never get over you" im Zusammenspiel der Band vor einer meditativen Americana-Wärme strahlt – die Kompositionen und deren Inszenierung bleiben immer geschmackvoll. Doch wie es das erhaben perlende "Heavy rain" vielleicht bereits in seiner Eröffnungszeile "In my dreams I tell you that I always dream about you in my dreams" weiß: Der Grat zwischen traumwandlerischer und einschläfernder Musik kann auch für erfahrene Songwriter*innen ein schmaler sein.

(Marvin Tyczkowski)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Have love
  • Prism in jeans
  • Deep space

Tracklist

  1. Two for his heels
  2. Have love
  3. Prism in jeans
  4. Heavy rain
  5. People
  6. Hear that lonesome whistle blow
  7. Deep space
  8. Deep waters
  9. I'll never get over you
  10. Do I really need to know?
  11. When the lights go out
  12. 'Tis night
Gesamtspielzeit: 42:17 min

Im Forum kommentieren

carpi

2024-07-20 15:01:36

Für mich eine 7, sicher nicht seine beste, aber er liefert regelmäßig ab und die Stimme kriegt mich immer wieder. Wirkt sehr beruhigend, sodass ich den Schlusssatz der Rezension: "Der Grat zwischen traumwandlerischer und einschläfernder Musik kann auch für erfahrene Songwriter*innen ein schmaler sein", gut nachvollziehen kann, sehr gut zu hören z.B. bei dem sanften Do I really need to know?

Armin

2024-05-29 21:19:07- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

Meinungen?

MickHead

2024-05-03 20:01:41

Neuer Song "Prism In Jeans" heute geteilt.

https://www.youtube.com/watch?v=RTgJVS9VdRw

Armin

2024-03-28 19:00:10- Newsbeitrag



RICHARD HAWLEY kündigt mit Single sein neues Album für den 31.05.2024 an

Nachdem Richard Hawley mit "Two For His Heels" sein sein neues Album "In This City They Call You Love" ankündigte, folgt heute mit "Heavy Rain" ein weiterer Vorgeschmack daraus.



"Heavy Rain" ist ein Klagelied für abwesende Freunde. Das subtile Arrangement und die schöne Melodie sind "Vintage Hawley", ein Song, der auch auf seinem bahnbrechenden Album "Coles Corner" sein könnte.

"A lot of this comes straight from the demo I did in my little shed in the garden I call Disgracelands," sagt Richard. “If you listen hard, you can hear birdsong and dogs barking and kids shouting over each other. The Heavy Rain aspect is about the feeling when you find out you’re going to lose someone."

"In This City They Call You Love" enthält 12 herausragende Songs, von denen viele aus 'Vintage Hawley' bezeichnet werden könnten und zu den schönsten Balladen gehören, die er je geschrieben und aufgenommen hat. Wunderschöne Melodien und Arragements werden von Hawleys gefühlvoller und sonorer Stimme begleitet, die besser als zuvor klingt auf einem Album, das Hawleys Status als einer der besten Songwriter unterstreicht.

Der Titel des Albums stammt aus dem Song "People", der vielleicht der beste Song ist, den Hawley über sein geliebtes Sheffield, die stolze industrielle Vergangenheit der Stadt und die beständige Entschlossenheit ihrer Bürger geschrieben hat.

Richard Hawley sagt:
"I’ve made three albums where I had the title before I'd even begun to record, where I had an agenda. One was Truelove’s Gutter. Another was Standing At The Sky's Edge when I wanted to turn everything up and make the music a lot more aggressive, and then this one. I wanted it to be multi-coloured in a way… focusing on the voice and what voices can do together… I deliberately only played a handful of guitar solos to keep it focused on voices, the song and space…"

MickHead

2024-02-22 12:47:57

Richard Hawley meldet sich am 31.05. auf den Tag genau nach 4 Jahren, mit dem 9. Studioalbum "In This City They Call You Love" zurück. Seit seinem Debüt in 2001, konnte er sich schon 4 mal in den Top Ten der UK Charts platzieren. Erste Single ist bereits erschienen.

https://www.youtube.com/watch?v=3YJpqWHL03g

Tracklisting:
1. Two For His Heels
2. Have Love
3. Prism In Jeans
4. Heavy Rain
5. People
6. Hear That Lonesome Whistle Blow
7. Deep Space
8. Deep Waters
9. I’ll Never Get Over You
10. Do I Really Need To Know?
11. When The Lights Go Out
12. ‘Tis Night

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