My Dying Bride - A mortal binding

Nuclear Blast / Rough Trade
VÖ: 19.04.2024
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Wieder Haken

Das war ja mal sauberes Timing. Zwar gehören My Dying Bride nicht eben zu den Bands, die permanent auf irgendeiner Bühne stehen. Doch dass "The ghost of Orion", das bis dato letzte Album der Nordengländer, pünktlich zu Beginn der globalen Pandemie erschien, ist dann selbst für ausgewiesene Melancholiker wie die Truppe um Frontmann Aaron Stainthorpe des Schlechten schon fast ein wenig viel. Zumal Stainthorpe ohnehin mit diversen Schicksalsschlägen zu kämpfen hatte. Im Nachhinein geriet "The ghost of Orion" dadurch sehr eingängig, fast schon zu eingängig, sodass ein Teil der Fans gar schon zu murren begann und Begriffe wie "kreative Sackgasse" aufkamen – ein Vokabular, das man in der Vergangenheit kaum einmal mit den Briten in Verbindung gebracht hatte.

Naturlich sind My Dying Bride deswegen noch längst nicht verweichlicht. Erst recht nicht, wenn ein Brecher wie "Her dominion" das 15. Studioalbum "A mortal binding" einläutet. Oder besser: einprügelt. Mit garstigen Growls faucht Stainthorpe die ersten Verse, kalt, ohne jegliche Empathie mit denen, die sich zunächst einen Weg durch die sperrigen, bewusst strukturlosen Songpfade bahnen müssen – so, als wollte die Band die Fans am Songwriting teilhaben lassen. Doch es ist wie so oft die Geige von Shaun MacGowan, die als Seil zum rettenden Ufer fungiert, die wenigstens etwas Vertrautheit im klirrend kalten Death-Doom bietet. Was für ein Gänsehaut-Moment.

Und die Erpelpelle macht keine Anstalten, sich zu verabschieden. Denn was die Vorab-Single "Thornwyck hymn" und vor allen "The 2nd of three bells" abliefern, ist genau das große Ohren-Kino, das die Briten schon immer ausgezeichnet hat. Klagend schwebt Stainthorpes Stimme über einsamen Riffs und steht dank dem weitestgehenden Verzicht auf Dopplungseffekte jeweils wie vereinsamt im Raum, wodurch die gesamte Soundkulisse noch kälter, noch abweisender wirkt. Doch es sind immer wieder diese unglaublichen Hooks im Gesang, die die Fäden wieder zusammenführen und die vor allem das trickreiche "The apocalyptist" immer wieder auslegt.

"A starving heart" wirkt gegen diese Wucht ein wenig verloren, weiß Gott nicht schlecht, aber ohne das ganz große Feuerwerk abzubrennen. Denn wollte man Böses, könnte man dem Song unterstellen, lediglich als Brücke zum abschließenden "Crushed embers" zu dienen, das ähnlich funktioniert wie "The apocalyptist", dessen Niveau allerdings knapp verfehlt. Doch was hier überkritisch klingt, ist am Ende Meckern auf Höchstniveau. Denn das vom Vorgänger bekannte, beinahe katatonische Verharren in Melancholie brechen My Dying Bride immer wieder durch geschickt gesetzte Eruptionen auf, was den Gesamteindruck zwar unhandlicher gestaltet, aber genau dadurch die für das Genre so dringend nötigen Reizpunkte und Widerhaken setzt. Nur dass es bei My Dying Bride ausgewachsene Dornen sind, die sich fast wie in den besten Zeiten der Band unweigerlich festkrallen.

(Markus Bellmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Thornwyck hymn
  • The 2nd of three bells
  • The apocalyptist

Tracklist

  1. Her dominion
  2. Thornwyck hymn
  3. The 2nd of three bells
  4. Unthroned creed
  5. The apocalyptist
  6. A starving heart
  7. Crushed embers
Gesamtspielzeit: 54:44 min

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Armin

2024-04-17 20:08:48- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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