
Metz - Up on gravity hill
Sub Pop / CargoVÖ: 12.04.2024
Schreck lass nach
Vielen Dank für die Blumen. Immer wieder gern gesagt und gehört. Aber gilt das auch im Fall von Metz? Ist Skepsis angebracht, wenn das Artwork des fünften Longplayers von Alex Edkins und Kollegen plötzlich mit floraler Pracht grüßt, statt monochrome Trostlosigkeit zu verbreiten, wie es auch auf dem Cover der jüngsten One-Off-Single "Come on down"zusammen mit Joe Talbot von Idles der Fall war? Oder blühen "Up on gravity hill" lediglich die Neurosen, nachdem "Atlas vending" zuletzt zwar gewohnt ruinös lärmte und knirschte, doch dabei genauso stachlig umarmenden Indie-Rock und tiefgehende Gedanken an Liebe, Familie und Vergänglichkeit zuließ? Einigen wir uns auf: Metz werden hörbar nicht jünger, fühlen sich im tiefsten Innern aber immer noch wie drei Punks aus Ontario. Und auch "A boat to drown in" muss man sich erst einmal leisten können.
Am besten ein doppelstöckiges, zumal der Auftakt von "Up on gravity hill" ein zweischneidiges Schwert ist. Oder zumindest ein zweiteiliges. Nach nur kurzem Warmrauschen zieht "No reservation / Love comes crashing" eine gewaltige Wall of Noise hoch und lässt die Riff-Sense tieffliegen, während Edkins auch am Mikro eskaliert und Hayden Menzies vermutlich schon zu Anfang ein neues Schlagzeug braucht. Teil zwei krallt sich mit ähnlichen Mitteln an einer heiser deklamierten Zeile fest – alles beim Alten also, da die Kanadier niemanden verschrecken wollen, indem sie niemanden verschrecken? Nicht ganz: Zunächst schiebt sich ein Glockenspiel zwischen das Getöse, und zerschellte "Atlas vending" in letzter Konsequenz noch an übersteuertem Crunchen, spendiert Owen Pallett dem Opener gar ein Streicher-Arrangement, das sich ziemlich wacker schlägt.
Laut genug ist das Ganze natürlich nach wie vor – erst recht, wenn "Glass eye" einen steifen Stakkato-Beat paukt und die planvolle Verzwirbelung von Edkins' Gitarre den splitternden Qualitäten von Big Blacks "Passing complexion" nacheifert. Dafür, dass trotzdem nichts aus den Fugen gerät, sorgt erneut Seth Manchester am Mischpult, der bei allem Geräusch nie die akzentuierte Struktur der Songs aus den Augen verliert: "Entwined (Street light buzz)" sägt noch eine Spur windschiefer, kriegt aber schnell den Dreh zu einem widerborstigen kleinen Grunge-Hit, der seine Altvorderen übers Knie legt und sogar Zeit für einen feinfingrig geklampften Mittelteil hat. Weniger Umwege nimmt "Superior mirage", verharrt bei einem wie an der Schnur gezogenen Lick und scheppert rhythmisch maschinell. Wenn so etwas im "Blind youth industrial park" läuft: Nichts wie hin.
Nur woran liegt es, dass dieses Album nach blitzsauberem Beginn zusehends auf der Stelle tritt? An einer von Edkins' Pop-Punk-Nebending Weird Nightmare importierten Fluffigkeit, die hier aber einige Male ins Leere läuft? Daran, dass sich "99" im Refrain auf pflichtschuldiges Repetieren ebendieser Zahl beschränkt und schließlich irgendwo in der Nähe eines ruppigen Nichtviel landet? "Up on gravity hill" ist jedenfalls die erste Metz-Platte, die weder weh tut noch nervt und die hier und da ein Hauch von Beliebigkeit umweht. Da kommt "Light your way home", eine angenehm düster wühlende, sich ins Bewusstsein bohrende Umdeutung von Foo Fighters' "My hero", am Ende gerade recht. "That's not the way it works / Not at the present time", gibt der Frontmann im relativ blassen "Wound tight" zu bedenken – wir hätten's nicht besser durch die Blume sagen können.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Glass eye
- Entwined (Street light buzz)
- Light your way home
Tracklist
- No reservation / Love comes crashing
- Glass eye
- Entwined (Street light buzz)
- 99
- Superior mirage
- Wound tight
- Never still again
- Light your way home
Im Forum kommentieren
noise
2024-10-12 22:22:10
Schade, fand die Band wirklich gut. Haben krachigen Noise/Punk gemacht. Live werde ich sie auch nicht sehen können. Spielen ja eh nur in den Metropolen.
u.x.o.
2024-10-12 14:15:03
Die aktuelle Tour wird ihre vorerst letzte sein. Die Band hat just ihre Auflösung ("indefinite hiatus") bekannt gegeben. Wer sie also noch einmal sehen möchte... Ich bin leider nicht in der Stadt, sonst würde ich hingehen.
Sloppy-Ray Hasselhoff
2024-04-13 18:59:05
Das Debüt war gut. Nicht wirklich zugänglich, etwas verstörend, schrammlig. Danach war nicht mehr viel los. TOFU bietet - auch für lau -guten Schrott an, wer Bock hat.
noise
2024-04-11 21:31:04
Metz goes Pop. Immer noch noisig aber sehr melodisch. Steht ihnen auch gut. Gefällt!
Vive
2024-04-11 16:50:04
wieder mal ein cooler Treffer für mich aus der Rubrik
"sie bewerten es nicht so gut - dann gefällt es mir wahrscheinlich"
danke für die "Empfehlung" :)
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