Still Corners - Dream talk
Wrecking Light / CargoVÖ: 05.04.2024
Wie im Schlaf
Zunächst eine Preisverleihung: Für einen Hattrick – dreimal eine 8/10 hintereinander – bekommt man im Hause Plattentests.de nämlich einen Hut in Form eines umgedrehten und selbstverständlich vergoldeten (sowie praktischerweise vorher leer gegessenen) Topfes Pilzrahmsuppe. Diesen und weitere Preise haben sich Still Corners redlich verdient, haben sie sich doch längst in der Champignons, sorry, Champions League ätherischen Dreampops etabliert. Und das trotz der dort herrschenden Fülle guter Bands. Dank eines ganz eigenen Stils, mit dem das Duo britischen Popglanz und amerikanische Wüste zusammenbringt.
Nachdem die beiden auf dem Vorgänger "The last exit" einen staubigen nächtlichen Roadtrip unter glitzerndem Sternenhimmel vertont hatten, waren für "Dream talk" die Momente des Aufwachens wichtig. Jene, in denen man versucht, sich daran zu erinnern, was zur Hölle man da eigentlich gerade geträumt hat. Tessa Murray hat jedenfalls fleißig aufgeschrieben, was ihr da im Schlaf durch den Kopf gewabert ist, während Greg Hughes erste Songfragmente zusammenloopte. Anschließend fügten sie alles ineinander, bis sich ein ganz eigener Flow ergab. Dazu wurde auch technisch bei den Aufnahmen an ein paar Stellschrauben herumprobiert – neue Konsole hier, anderes Mikrofon dort –, um den Sound frisch und besonders zu halten. Was eindeutig gelungen ist, das Album klingt nach Still Corners und tappt doch nicht in die Falle puren Wiederholens.
Gleich zu Beginn fühlt man sich bei den Gitarrenklängen von "Today is the day" wie im Double R Diner aus "Twin Peaks". Und wenn etwas zu rätselhaften Träumen passt, dann ja wohl "Twin Peaks". Doch schon in seiner zweiten Hälfte biegt der Song in Richtung der ätherischen Franzosen von Air ab. Denn ein Qualitätsmerkmal dieser Platte ist, dass sie immer wieder zu überraschen weiß und auch im Tempo eine gewisse Variabilität zeigt, jedenfalls für ein Album dieses Genres. Wie da prächtige Synthesizer durch das schillernde "Lose more slowly" fahren. Oder in "Let’s make up" auf einmal die Gitarren losgniedeln, wahrscheinlich auch noch schamlos mit geschlossenen Augen gespielt. Wie "The ship" mit markantem Streichereinsatz und Chören maritimer Sirenen – Vorsicht, Odysseus, lass dich lieber festbinden! – Akzente setzt. Andererseits wird eben auch Dreampop in Perfektion dargeboten. Beispielsweise in "The dream", bei dem zusätzlich geschickt platzierte Percussion-Elemente kleine Reizpunkte formulieren. Oder in "Crystal blue", das wiederum genauso klingt, wie es der Songtitel verspricht. Meeresrauschen, hier aber nicht wie an der Küste vor dem Beach House, sondern eher vor der Goldfrapp-Strandvilla. Und wenn wir heute Abend schlafen gehen, hören wir alle noch einmal dieses feine Album, legen uns Stift und Block auf den Nachttisch und vergleichen morgen früh, was wir geträumt haben, okay?
Highlights & Tracklist
Highlights
- Today is the day
- The dream
- Lose more slowly
- Crystal blue
Tracklist
- Today is the day
- The dream
- Faded love
- What is real
- Lose more slowly
- Secret world
- Let's make up
- Crystal blue
- The ship
- Turquoise moon
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qwertz
2024-10-30 21:05:54
Jau, guter Song. Viel zu kurz, mega simpel, aber effektiv. Alles drin, was die Band ausmacht.
musie
2024-10-30 18:41:26
Bravo! Guter Song. Mag das Album immer noch und auch live war das sehr erfreulich.
MickHead
2024-10-28 22:49:41
Still Corners have released a new single for Halloween and their Lynchian style fits well with the theme.
"The Creeps"
https://stillcorners.bandcamp.com/track/the-creeps
boneless
2024-09-25 22:24:47
Jop, war damals wirklich fein. Wie meinte ein Kumpel doch so treffend: die klingen wie eine Fleetwood Mac Version von Beach House. ;) Auch sehr passende Visuals und generell stimmige Atmosphäre.
Wenn die Zugabe bei euch allerdings auch The Ship war wie bei uns, dann mein Beileid. Ich mag die Band sehr, aber dieser Song ist Kitsch pur und im Grunde auf dem Niveau vom ZDF Fernsehgarten.
musie
2024-09-25 10:14:32
Das Konzert gestern war grossartig. Die sind echt sympathisch. Sogar noch mit Zugabe nach The Trip. Das neue Album ist echt top.
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