Lysistrata - Veil
Grand Hotel van Cleef / IndigoVÖ: 01.03.2024
Strukturiertes Chaos
In Frankreich sind sie schon länger eine Größe im Post-, Noise- und Indie-Rock-Zirkus. Vor allem auch dank ausdauernden Tourens hat sich das mittlerweile weiter in Europa herumgesprochen. Für ihr drittes Album haben sich Ben Amos Cooper, Max Roy und Théo Guéneau trotzdem einige Jahre Zeit gelassen. Nun ist endlich Gelegenheit, sie auch hier bekannter zu machen. Willkommen, Lysistrata!
Wir müssen jetzt nicht bis zum alten Griechendichter Aristophanes zurückgehen, der Pate für den heeresauflösend pazifistischen Bandnamen stand. Und auch nicht bis zu Operettenkönig Paul Lincke. Nur bis ins Jahr 2017 und ins Örtchen Saintes im Westen Frankreichs. Drei Jungspunde beschließen, ihre Freundschaft zur Band werden zu lassen und ihre überschüssige Energie zukünftig auf den Rockbühnen dieser Welt zu verströmen. Das Debütalbum "The thread" enthielt nur sieben Songs, die aber gerne mal über acht – in einem Falle sogar über elf – Minuten dauern und voller irrwitziger Breaks stecken. Der Nachfolger "Breathe in/out" hatte 2019 dann zwei Songs mehr, neben Math-Rock, Post-Rock und Hardcore kamen noch diverse weitere Einflüsse in den Mixer, es blieb wild.
Viereinhalb Jahre später nun also "Veil". Zwar wieder in den Black Box Studios in Angers aufgenommen, aber erstmals mit einem externen Produzenten. Und Ben Greenberg (u. a. Algiers, Metz, Beach Fossils) hat den erwachsen gewordenen Jungs erst einmal die Abschweifungen ausgetrieben, wie es scheint. Die zehn Tracks kommen zusammen nur noch auf knapp 35 Minuten, gerade mal ein Stück schafft es noch über die Fünf-Minuten-Grenze. Und hoppla, mitunter – wie im reduzierten, von der Akustikgitarre bestimmten Opener "Tangled in the leaves" oder im schwerelosen "Okay" – wird es gar eingängig, es ließe sich fast das Wort verwenden, das mit "P" anfängt und mit "op" aufhört.
Doch Aufatmen bitte, die Kanten, das Versponnene und Unberechenbare sind trotzdem noch da, nur in kanalisierterer Form. Wie sich "Rise up" von bassgetriebenem Rock über metallische Soundeinsprengsel und schepperndes Schlagwerk zu einer keifenden Lärmorgie erhebt – fantastisch. "Trouble don’t last" macht hingegen von Anfang an keine Gefangenen und bleibt durchweg unberechenbar. Mit "See through" und "Feel the shine" erfreuen Lysistrata die Freund*innen kompakter Krachnummern, während die Anhänger*innen komplexerer Dramaturgie mit dem raffiniert aufgetürmten "Artifice" bedient werden. Und auch die Alternative-Klänge der guten, alten 90er hört man nicht oft so schön wiederbelebt wie in "Horns". Immer noch ein wilder Rock-Gemischtwarenladen also, nur etwas besser sortiert.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Horns
- Rise up
- Trouble don't last
- Artifice
Tracklist
- Tangled in the leaves
- Horns
- See through
- Okay
- Rise up
- Acid to the burn
- Trouble don't last
- Artifice
- Feel the shine
- Livin it up
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noise
2024-03-30 17:45:40
Scheint hier keine Fans der Truppe zu geben.
Bei dieser Scheibe war ich am Anfang sogar etwas enttäuscht. Bei den ersten Stücken ist von ihrem Post-Hardcore-Noise Wahnsinn nicht mehr so viel zu hören. Dafür geht es später mit heftigeren Ausbrüchen zu Sache.
Alles in Allem: Kürzer knackiger, nicht mehr so ausufernd. Steht ihnen auch gut. Überhaupt, sind alle drei Alben top.
Armin
2024-03-27 21:22:51- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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