Alligatoah - Off

Alligatoah / Groove Attack
VÖ: 22.03.2024
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
5/10

Ein Anfang inne

Selbst für Alligatoah ist das eine außergewöhnliche Platte. Man sollte die Promo dazu verfolgt haben, um zu verstehen, was hier eigentlich gerade passiert. Ein sehr offensichtlich inszenierter Abschied von den Fans via Social Media, davor das angeblich letzte Konzert, bei dem sogar eine Orchester-Version von "Trauerfeierlied" das seit zehn Jahren ausgeklügelte Karriereende suggerieren sollte. Im Musikvideo war damals bereits ein Kreuz mit der Aufschrift "Gern geschehen – Alligatoah. 1989 - 2023" zu sehen, was nahelegt, dass dieses Liebäugeln mit dem Aufhören wohl Teil eines größeren Promomoves ist. Ähnlich hat auch schon Ufo361 versucht, ein neues Album zu bewerben, aber als brachialer Stilbruch ist "Off" spürbar besonderer und bedeutsamer. Vielleicht ist die HipHop-Karriere von Lukas Strobel tatsächlich erstmal vorbei, dafür zahlt sich der Mut zur Veränderung aus, denn seine inzwischen siebte Platte entpuppt sich als eine Bereicherung für Rock- und Metal-Fans. Nicht umsonst trat der 35-Jährige bereits in Wacken auf und gilt als wohl fähigster Gitarrist aller bekannteren Deutschrapper.

Eingeleitet wurde dieses Crossover-Abenteuer durch den kryptischen Release der Single "So raus", präsentiert als "Alligatoahs letzter Wille". Spätestens hier wurde klar, dass eher ein Neuanfang statt Ende bevorsteht, und der hat es in sich. Im Musikvideo sehen wir Alligatoah gemeinsam mit Fred Durst im Tonstudio, für Strobel ein sichtbar denkwürdiger Moment. Der abwechselnd deutsch- und englischsprachige Track selbst klingt fast schon unverschämt nostalgisch nach der besten Zeit von Limp Bizkit um die Jahrtausendwende, den gesungenen Parts von Alligatoah ist die Anlehnung an Dursts Singsang-Flow anzumerken. Mit "Partner in crime" gibt es noch eine hervorragende Kollaboration, bei der wiederum durch die infernalischen Lyrics und starke Beteiligung von Tarek aggresiv-emotionale K.I.Z-Vibes aufkommen. Nur halt ohne den HipHop-Anteil, dafür mit grandioser Gesangsleistung beider Beteiligten. Daneben sorgen Alligatoahs Solo-Tracks wie gewohnt für Unterhaltung: "Niemand" wirkt wie eine neuinterpretierte Rock-Version seines zweiten Albums "In Gottes Namen", und mit "Es kratzt" gibt es nun wiederum eine Metal-Hymne für hypochondrische Jammerlappen. Klingt vielleicht erstmal nicht danach, aber beide Tracks sind absolute Highlights, vor allem durch den ständigen Wechsel zwischen Growling und Sprechgesang.

Auch "Weiße Zähne" mit Bausa macht viel Spaß, noch interessanter aber ist "Menschliches Versagen". Hier singt Sandra Nasic von den Guano Apes auf Deutsch (!), vor allem die letzte Strophe hinterlässt mit einem aufwühlenden Duett bei steigendem Tempo bleibenden Eindruck. Im krassen Gegensatz dazu steht die Zerstörungswut von "Wer lacht jetzt", einem ausgedehnten Ausflug in den Thrash Metal. Noch am meisten Rap-Einfluss bietet der faszinierende Opener "Ich fühle Dich", gemeinsam mit den den E-Gitarren zwischen Claps und Drums klingt das wie moderner Nu Metal, wenn man es denn kategorisieren will. Leider wird dieser wirklich einzigartige Sound nur gelegentlich wieder aufgegriffen, am ehesten noch bei "Ich ich ich", "Scheißdreck" und "Küssen". Davon in Zukunft gerne noch viel mehr, wenn es denn schon ein Metal-Cover von den No Angels auf einem Alligatoah-Album geben muss.

(Maximilian Baran)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Niemand
  • So raus (feat. Fred Durst)
  • Menschliches Versagen (feat. Guano Apes)
  • Es kratzt
  • Partner in crime (feat. Tarek K.I.Z)

Tracklist

  1. Ich fühle Dich
  2. Niemand
  3. Weiße Zähne (feat. Bausa)
  4. Wer lacht jetzt
  5. So raus (feat. Fred Durst)
  6. Scheißdreck
  7. Menschliches Versagen (feat. Guano Apes)
  8. Küssen
  9. Es kratzt
  10. Ich ich ich
  11. Partner in crime (feat. Tarek K.I.Z)
  12. Daylight
Gesamtspielzeit: 41:15 min

Im Forum kommentieren

HerrH.

2024-03-28 08:03:07

NuMetal reloaded, ich bin tatsächlich positiv überrascht. Seine (leider immer noch) teilweise zu gewollt lyrischen Texte fallen im ~Krach nicht so auf, zwei/drei Ohrwürmer sind dabei. Nichts neues, aber gut hörbar...

led_tasso77

2024-03-27 23:29:47

@Michael die Laut.de Rezension finde ich ganz furchtbar geschrieben. Da durfte sich anscheinend jemand austoben, der mit Alligatoah sowieso noch eine Rechnung offen hatte.

Vom ganzen Schreibstil her wirkt das alles eher wie ein Forums bzw. Youtube Kommentar. Jedenfalls nicht wie eine Album Rezension.

led_tasso77

2024-03-27 23:18:01

Ich finds mittlerweile sogar echt sehr gut. Macht einfach Spaß und ist ein guter Hybrid aus Rap und Rock/Metal. Mit 6/10 kann man absolut mitgehen.

Michael

2024-03-27 21:51:24

Kommt mir viel zu gut weg und ist für mich auf keinen Fall eine (Zitat der Rezension) "Bereicherung für Rock- und Metal-Fans" - da bin ich nach den ersten Eindrücken diesmal eher bei laut.de, wo die Platte mit 1/5 abgestraft wird.

Armin

2024-03-27 21:19:11- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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