Der Nino Aus Wien - Endlich Wienerlieder

Medienmanufaktur Wien / Rough Trade
VÖ: 15.03.2024
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Das geht sich aus

Man reibt sich die Augen, ja man wundert sich. "Endlich Wienerlieder?" Wieso "endlich"? A Schmarrn, wie man in südlicheren Gefilden sagen würde. Denn ist nicht genau das seit Jahr und Tag das, was Nino Mandl alias Der Nino Aus Wien halt macht – österreichisches Musikgut mit schrammeligem Indierock vermählen? Was in der Theorie zunächst wild klingt und meistens auch im Resultat. Aber was eben oft auch ziemlich gut ist. Beispiele gibt es zur Genüge und mit "No a bisserl foischa" nun noch eins mehr. Wiener Schmäh trifft eine kratzige The-Libertines-Gedächtnisgitarre. Leiwand! Doch zurück zum Albumtitel und den leichten Irritationen, die er auslöst. Mit dem Wiener Liedermacher Ernst Molden hat Der Nino Aus Wien ja obendrein schon einträglich zusammengearbeitet. "Unser Österreich" ist so entstanden und zuletzt das Filmmusik-Konzeptalbum "Zirkus". Und das "Praterlied" winkt aus der Ferne. Aber gut, "Endlich Wienerlieder" also. Eine Verbeugung vor Ninos Großvater Rudolf, einem Wienerlieder-Sänger. Und eine Handvoll solcher gibt's dann tatsächlich auch zu hören.

Angefangen mit "Koarl", das die Geschichte einer besonderen Freundschaft erzählt. Suff und Sentiment gehen hier Hand in Hand und naturgemäß ist alles ganz arg. Woran das treibende "Alles 1 Scheiss" inhaltlich voll anschließt, jedoch in Sachen Tempo und Lautstärke erstmals merklich aufdreht. Besonders hervorzuheben ist zudem "Auf die Wienerinnen", eine Variante von La Paloma, die Der Nino Aus Wien zusammen mit dem bereits erwähnten Ernst Molden anstimmt. Außerdem "Waschechter Weana", das mit Tuba, Harmonika und einer gehörigen Portion Augenzwinkern durchs Beisl schunkelt. Zumindest inhaltlich nimmt Österreichs Hauptstadt auf der Platte eine tragende Rolle ein, das zeigt schon ein oberflächlicher Blick auf die Tracklist. Doch es ist eine Liebe zur Stadt, die häufig melancholisch eingefärbt ist. Und ein Gefühl fürs Leben, das den Schmerz und die Vergänglichkeit miteinschließt. In "Wiener Weg" bringt Mandl das vielleicht am schönsten und zugleich subtilsten zum Ausdruck. Beiläufige Beobachtungen, Szenen aus dem Alltag. Eisessen im Sommer (hallo, "Eis Zeit"!). Dazu Georg Kreislers Tauben. Oder ist der heimliche Gewinner am Ende doch die ultimative Hommage "Mehr Wien", die zum Abschluss noch einmal formvollendet elegant den Hut zieht?

Die Entscheidung wird vertagt. Klar ist hingegen: Was die musikalische Ausgestaltung, was Genres und Stilformen angeht kommt "Endlich Wienerlieder" als ein anarchisches Sammelsurium daher, das sich jedem Anspruch auf Kohärenz lässig verweigert. Darf's gut gelaunter und unbeschwerter Rock'n'Roll sein? "Urlaub" ist von urcharmanter Naivität und setzt einen willkommenen Kontrapunkt. Eine Prise Funk gefällig? "Neu zu starten" wiegt sich im Rhythmus, eine Gitarre hüpft, Synthies ploppen auf. Johann Hölzel grüßt aus dem Jenseits. Dass "Endlich Wienerlieder" den irgendwie provisorischen Charakter einer Werkschau hat, wird auch dadurch ersichtlich, dass gewisse Fäden im bisherigen Werk en passant hier zusammenlaufen. "Mond" zum Beispiel hätte sich nicht nur aufgrund des Namens gut auf dem Akustik-Album "Ocker Mond" gemacht. Und "Grau", ein Duett mit Natalie Ofenböck, setzt gewissermaßen "Das grüne Album - Wiener Reise durch die Steiermark" fort. Und so passt, wenn man streng sein möchte, eigentlich kaum etwas wirklich zusammen. Doch es könnte egaler nicht sein.

PS: Wer wirklich wissen will, was es mit dem Albumtitel auf sich hat, möge einen Blick in "Kochbuch. Take 16" werfen. Auf Seite 113 wartet die Auflösung. Falls das nicht auch wieder geflunkert ist.

(Markus Huber)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • No a bisserl foischa
  • Waschechter Weana
  • Wiener Weg
  • Mehr von Wien

Tracklist

  1. Koarl
  2. Alles 1 Scheiss
  3. Auf die Wienerinnen
  4. Urlaub
  5. No a bisserl foischa
  6. Schnackerl
  7. Neu zu starten
  8. Waschechter Weana
  9. Grau
  10. Diamond Times
  11. Wiener Weg
  12. Mond
  13. Mehr von Wien
Gesamtspielzeit: 41:27 min

Im Forum kommentieren

Francois

2024-03-19 10:58:58

Schöne Rezension!
Toll, dass der Nino hier weiterhin Beachtung und Gefallen findet!

Leiwander Typ und ebenso leiwande Musik!

8hor0

2024-03-18 09:03:04

ich komme aus der gegend wo nino her stammt und kann alles gut nachvollziehen. ^^

peter73

2024-03-14 18:18:04

https://www.youtube.com/watch?v=Z3Ugm-7T46w

Wohlfühlgranate

2024-03-13 23:18:08

Warum ist "Aus" in "Der Nino aus Wien" groß geschrieben?

Armin

2024-03-13 21:17:34- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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