Interstellar Bungalow - Helix

Wilhelm Show Me The Major Label / Distrokid
VÖ: 23.02.2024
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Kein Gramm Fett

Der Februar ist bekanntermaßen das Lotus Notes unter den Monaten: schwer zugänglich, unübersichtlich, kalt und dunkel, verursacht Trübsinn und schlechte Laune, braucht kein Mensch. Wie schön, wenn ein solch garstiger Monat zumindest einen Lichtblick, ein Antidot bereithält, nämlich das Album "Helix" von Interstellar Bungalow. "Longplayer" mag man an dieser Stelle kaum schreiben, denn die zehn Titel bringen es auf eine rekordverdächtig niedrige Gesamtspielzeit von gut 25 Minuten.

Das ist aber völlig wumpe, weil dieses Album unverschämt gute Laune macht. Was hören wir? Lupenreinen, scheppernden, rumpelnden Gitarrenlärm, der in den Liner Notes als "Lo-Fi" angepriesen wird – was aber angesichts der ausgesprochen satten und druckvollen Produktion ein starkes Understatement bedeutet. Die dreiköpfige Grazer Band steckt gut beleumundete Vorbilder wie Pixies, Pavement, Yuck und Arcade Fire in einen Stabmixer, drückt 30 Sekunden lang feste auf den Bedienknopf und kippt dem Hörer unverzüglich ein obszön wohlgelauntes Potpourri auf den Teller, das instantan Lust auf ein großes, frisch gezapftes Bier macht. Warum ist das so? Weil das ganze Album kein Gramm Fett hat. Es gibt keine überzähligen Intros, Bridges, Strophen oder Refrains, keines der zehn Stücke knackt die Drei-Minuten-Marke. Bass und Drums hängen aneinander wie siamesische Zwillinge, die drei Bandmitglieder wechseln sich beim Gesang ab. Mal klingt's wie die Cardigans unter Starkstrom, mal wie Sonic Youth, mal wie Robocop Kraus - aber eben nicht so studentisch-verkopft wie die Franken, sondern stets mit Schmackes nach vorne.

Der Gesamt-Sound ist rau und erdig à la C86, es überwiegen verzerrte und Twang-Gitarren, die eine oder andere Rückkopplung ist zu hören – und gelegentlich wird auch ein wenig gebrüllt. Das alles ist aber stets so gezielt und sparsam dosiert, dass der Rezensent zu keiner Zeit denkt, "jetzt reicht's aber". Im Gegenteil: Mehr als einmal ist man eher schon brüskiert, dass da wieder ein Song vorbei ist. Die Mehrzahl der Tracks splatattert im munteren Rocktempo voran, es gibt aber mit "Black light king" auch einen ziemlich konsequent irrlichternden 6/8-Takt – und der Abschlusstrack "Guidelines" zeigt mit einer überraschend auftretenden Ukulele und streng an den Sixties orientiertem Songwriting, dass die Band offenbar auch noch andere Sachen kann. Wäre gar nicht nötig gewesen, ist aber schön.

(Jochen Reinecke)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Do I wanna take care of my jeart just once
  • Cholesterol
  • FOMO

Tracklist

  1. Do I wanna take care of my heart just once
  2. Web architecture
  3. Cholesterol
  4. Technico
  5. With you
  6. Black light king
  7. FOMO
  8. No advice
  9. Secrets
  10. Guidelines
Gesamtspielzeit: 25:17 min

Im Forum kommentieren

myx

2024-03-02 12:05:16

Schönes, schlankes, griffiges Album, ja, bin auch bislang bei zwei Durchgängen. Kein schlechter Song dabei, am besten gefallen mir der Opener, "Cholesterol", "Black Light King" (wechselt toll sein Gesicht) und ganz besonders "Secrets".

Immermusik

2024-03-02 10:13:03

Album jetzt ne Woche draußen. Hatte es mir auch vorgemerkt und zweimaligem Hören genau das bekommen was ich aufgrund einiger buzzwords in der Rezi mir erhofft hatte. Schönes Album und schon wieder Österreich.
Ich bin ein Verfechter für 30 Minuten 10 Songs Alben und für mich darf es beim (Indie-) Rock auch gerne ein bisschen weniger fett sein.

myx

2024-02-21 22:14:44

Der Vorabtrack klingt gut, da bleib ich dran.

Armin

2024-02-21 22:04:44- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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