Olli Schulz - Vom Rand der Zeit

Runde Hunde / Universal
VÖ: 09.02.2024
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Mitten ins Herz

Kommt ein Indiemusiker zum Majorlabel ... Man lässt sich ja bei Rezensionen der Platten lustiger Menschen gern dazu verleiten, besonders komisch sein zu wollen. Ein Fehler. Versuche nie, den Künstler, der da auf der Bühne steht, an Witzigkeit zu überbieten! Abgesehen davon ist "Vom Rand der Zeit" auch gar keine komische Platte, sondern das bisher wohl ernsthafteste und reifste Werk von Olli Schulz. Und darum auch so gut.

Wer "Fest & flauschig", den gemeinsamen Podcast von Olli Schulz und Jan Böhmermann, aufmerksam hört, weiß, dass Schulz lange an seinem achten Album gearbeitet hat. Der Künstler ist ein Grübler und wollte dieses Mal musikalisch noch einmal alles reinlegen. Möglicherweise auch, um den Ausrutscher auszubügeln, der "Scheiß Leben, gut erzählt" zumindest teilweise war. Daher erinnert "Vom Rand der Zeit" auch eher an verschiedene Momente der ansonsten tadellosen Diskografie, vom Debüt "Brichst Du mir das Herz, dann brech' ich Dir die Beine!" bis zum großartigen "Feelings aus der Asche" – und erobert sich ansonsten schnell einen eigenen Treppchenplatz.

Das war schon nach der ersten Single "Einfach so" zu hoffen, die genau die richtigen Töne zwischen Melancholie und Hoffnung trifft, welche sich durch das ganze Album ziehen. Das zugehörige Video lässt das Herz noch weiter aufgehen. Und mit dem zweiten Vorabsong, dem Quasi-Titelstück "Am Rand der Zeit", fließen gleich richtig die Tränen. Dank Klavier, Streichern und einer herzergreifenden Story zwischen Familiendrama, Tresenleben und Gentrifizierungskritik. Hier zeigt sich, was kein Geheimnis mehr sein sollte: Olli Schulz ist ein Entertainer, ein Sänger, ein Radio- und Fernsehunterhalter, ein Podcast-Moderator, ein Sympathieträger ohnehin – aber vor allem anderen ist er ein brillanter Geschichtenerzähler. Wenn der jemals sein Buch fertig bekommt, wird das ein Hit.

Selbst wenn er wie in "So schreibt man seinen Song" nur um sich selbst kreist, gelingt es ihm, im Kopf des Hörers die entsprechenden Bilder zu malen. An anderer Stelle schafft er mit "Falsch erzählt" eine punktgenaue Beschreibung eines der Dilemmata der Menschheitsgeschichte und der heutigen Zeit. Aber was eben auch dazugehört: Das Album klingt richtig gut. Ein Moses Schneider weiß als Produzent eben, was er tut. Schulz' Songs stehen ja meistens ganz gut für sich selbst, die kann er auch allein mit der Klampfe vortragen. Doch mit seiner eingespielten Band an Gitarre, Bass, Klavier und Schlagzeug sowie der einen oder anderen Studioergänzung (Streicher in Maßen oder auch mal ein kleiner Synthesizer) bekommt das Ganze noch mehr Raum.

Wenn dann nach der ersten Hälfte die großen Dinge geklärt sind und Schulz in "Silvester" eine Liebeserklärung ans Leben, vor allem aber an seinen kleinen Sohn, geschrieben hat, wird es in der zweiten Albumhälfte lockerer und stilistisch offener. Im Duett mit Ina Müller torkelt Schulz als verlorenes Pärchen übers "Stadtfest in Bonn" – hier findet sich wie natürlich auch an anderen Stellen auch der Humor wieder. Ist das eigentlich Juri, der da auf "Jennys Hundefarm" herumbellt? Und dann kommt da plötzlich mit "Ist nicht mehr richtig hier" einer der besten Songs um die Ecke, die Schulz bisher geschrieben hat. Dem mit der lässigen Groovenummer "Hoch geflogen" gleich noch ein Highlight folgt. Eine "Bessere Version" dieser Platte wird man so schnell nicht finden.

(Thomas Bästlein)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Einfach so
  • Falsch erzählt
  • Am Rand der Zeit
  • Ist nicht mehr richtig hier
  • Hoch geflogen

Tracklist

  1. Einfach so
  2. Falsch erzählt
  3. Hamse nich
  4. So schreibt man seinen Song
  5. Am Rand der Zeit
  6. Silvester
  7. Stadtfest in Bonn
  8. Jennys Hundefarm
  9. Ist nicht mehr richtig hier
  10. Hoch geflogen
  11. Bessere Version
Gesamtspielzeit: 37:29 min

Im Forum kommentieren

jo

2024-02-29 22:01:07

Meine Antwort ja auch. Aber dann haben wir das ja jetzt geklärt ;).

kingsuede

2024-02-29 21:51:24

Ok, ich gebe zu, das war ein wenig sinnfrei und trollig.

jo

2024-02-29 21:46:16

ÖRR. Hihi.

Ich finde eben, dass das eine komplett sinnfreie Assoziation ist. Als ob es nur solche Leute gäbe. So einfach ist die Welt eben meistens nicht...

kingsuede

2024-02-29 21:43:41

Nö.
Telegram. Hihi

jo

2024-02-29 21:39:49

Oh, da mache ich mit:
Wer den ÖRR gar nicht abkann, ist gerne in Telegram-Verschwörungsgruppen.

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