
The Pineapple Thief - It leads to this
Kscope / EdelVÖ: 09.02.2024
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Es hat lange gedauert, sehr lange, bis Bruce Soord endlich seine Nische in der Prog-Szene gefunden hat. Viel zu oft war nicht ganz klar, wofür er mit The Pineapple Thief eigentlich steht, viel zu klein die Nische, die Platzhirsch Steven Wilson mit Porcupine Tree übriggelassen hatte. Es mutet wie ein bizarrer Witz an, dass ausgerechnet seit dem Einstieg von Gavin Harrison am Schlagzeug der Missing Link gefunden war – das letzte Stück, das noch fehlte, um The Pineapple Thief heraus aus dem Kreis der Epigonen und hinein in den Zirkel der spannenden, der Aufsehen erregenden Prog-Bands beförderte. Denn anstatt sich von den Genre-Dominatoren abzugrenzen, stellt Harrison nun die Verbindungsperson zu Porcupine Tree dar und ist bei beiden Bands nicht nur auf dem Drumschemel aktiv, sondern auch beim Songwriting.
Der erste Durchlauf von "It lead to this" wirkt allerdings zunächst ernüchternd. Viel zu schnell rauscht die Platte vorbei, findet keine Ankerpunkte. Also noch mal, und bitte diesmal fokussieren. Und vor allem darauf besinnen, dass Soord für die leise Form des Prog steht, die introvertierteren Klänge bevorzugt, statt den Sound Richtung krachenden Metal zu steuern. Denn dann tappt man auch nicht in die Falle, die der Brite ausgelegt hat, indem er "Put it right" als leisen Ohrenschmeichler beginnen lässt, mit einer Melodielinie in der Strophe, die in der Tat leicht an Wilson erinnert, bis ein ursprünglich dezentes Gitarrenlick durch heftige Verzerrung die vermeintlich entspannte Stimmung konterkariert.
Die perfekte Vorbereitung auf "Rubicon", so stellt sich heraus. Ja, es ist unfair, immer wieder Steven Wilson als Vergleich heranzuziehen, aber so etwas kann aktuell nun mal kaum jemand besser als Porcupine Tree: Langsam baut sich aus der Melancholie Spannung auf, die sich schlussendlich in einem der besten, der mitreißendsten Refrains entlädt, die Soord je geschrieben hat. Und beim folgenden Titeltrack zeigt sich der 51-Jährige als formvollendeter Eklektiker, lässt den Song starten, als handele es sich um eine dramatische Erzählung aus der Feder von Peter Gabriel, steigert sich immer weiter hinein, bis er seine Gitarre wunderschön über den Basslauf von Jon Sykes singen lässt.
Kollege Schuder hat anlässlich des bislang stärksten Albums "Dissolution" schon 2018 korrekterweise festgehalten, welch Gewinn der Einstieg von Gavin Harrison für die Band ist. Natürlich haftet The Pineapple Thief immer eine tiefe Schwermut an, da kann der übrigens in Deutschland geborene Soord auch überhaupt nicht aus seiner Haut. Aber alleine Harrisons treibendes, dennoch virtuoses Drumming reißt so manchen Song aus der Gefahr, wie mitunter früher in klebriger Larmoyanz zu versinken, als wollte er zu seinem Chef sagen: "Ja, ich weiß selbst, wie vieles gerade gar nicht gut ist, aber lass uns nach vorne sehen, vielleicht gibt es doch noch einen Weg." Mag sein, dass The Pineapple Thief auch nach mittlerweile 25 Jahren nach wie vor etwas unter dem Radar segeln. Bruce Soord selbst scheint dies am wenigsten zu stören. Angesichts der Klasse von "It leads to this" jedoch ist das schon fast grotesk. Die Aficionados und "Ich hab die schon gehört, da kannte die noch kein Mensch"-Fans wird's freuen.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Rubicon
- It leads to this
- Now it's yours
Tracklist
- Put it right
- Rubicon
- It leads to this
- The frost
- All that's left
- Now it's yours
- Every trace of us
- To forget
Im Forum kommentieren
Leech85
2024-11-08 07:42:01
Wow der Song ist wirklich gut! Leider nur viel zu kurz. Der Drive ist aber genial.
MickHead
2024-11-07 19:35:24
Am 08.11. wird die neue EP "Last To Run" veröffentlicht.
"Last To Run" EP bei Bandcamp:
https://kscopemusic.bandcamp.com/album/last-to-run-ep
Leech85
2024-03-01 16:46:10
Hab jetzt mal noch die neue Version von Last Man Standing gehört. Von der "Give it Back" Platte, wo ja alte Songs neu aufgenommen wurden mit Gavin. Junge junge ich muss schon sagen der Song hat im Vergleich zur alten Variante unheimlich an Drive verloren. Frage mich warum.
Gomes21
2024-03-01 08:49:45
Ich hab ja Gavins Einstieg in die Band komplett gefeiert, er ist einer meiner liebsten Drummer und hat einen krassen Signature Style. Porcupine Tree wäre ohne ihn auch nie so gut gegeben. Und doch ist das irgendwie der Knackpunkt seit dem ich Pineapple Thief Alben nicht mehr wirklich gerne am Stück höre.
Irgendwie ist ihnen dieses anarchische Element verloren gegangen was sie mal hatten (ich behaupte jetzt nicht, dass das durch Gavin passiert ist) und das sowohl auf Platte als auch Live.
Ich hab sie je zwei mal nach und vor dem Wechsel gesehen, das ist jetzt sicher keine Referenz, aber irgendwie packt mich nichts mehr so richtig obwohl ich das äußerst gerne anders hätte.
oldschool
2024-03-01 08:12:17
Ich finde schon, dass ein Live feeling rüberkam. Besonders intensiv bei der Laut/Leise Dramaturgie.
Dass die Band das neue Album komplett spielte, fand ich auch nicht so toll. Geht ja auf Kosten vieler anderer Klassiker, die dann fehlten.
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