
Omni - Souvenir
Sub Pop / CargoVÖ: 16.02.2024
Schlips, Kopf und Kragen
Manchmal hat etwas Ecken und Kanten und ist doch eine runde Sache. Liest sich wie eine Binsenweisheit aus der Arbeitsgruppe Paradoxe Sprachakrobatik, ist aber auch eine geeignete Charakterisierung der Musik von Omni. Und ehe jemand noch mit der Quadratur des Kreises und anderen Wegwerfphrasen für den besonderen Abgeschmack anfängt, macht das Trio aus Atlanta auf seinem vierten Album lieber weiter. Dort, wo es, höhö, aufgehört hat, versteht sich: bei dicht gedrängtem Indie-Rock und Post-Punk mit Klirrfaktor, gegen den jeder Bierdeckel wie ein Fußballfeld wirkt. Televisions "Marquee moon" im Full-HD-Format, The Strokes mit Geodreieck, Deerhunter ohne psychedelische Fliegen im Kopf – die Liste der möglichen Beschreibungsebenen ist seit dem 2017er-Debüt "Deluxe" lang. "Da tut sich nicht mehr viel", könnten Pessimisten nun nörgeln, während Liebhaber dieses streng zusammengestrichenen, ungemein dynamischen Sounds entgegnen: "Und das ist auch gut so." Wer Recht hat? Klären wir zum Schluss.
Ein bisschen was getan hat sich auf "Souvenir" wenigstens personell: David Yonker, der für den Vorgänger "Networker" noch als Sessionmusiker fungierte, sitzt jetzt als festes Mitglied am Schlagzeug, und Izzy Glaudini von Automatic steuert in gleich drei Stücken die ersten Features auf einer Omni-Platte bei. Besonders markant gerät das Duett mit Sänger Philip Frobos beim scharf gespielten Knaller "Plastic pyramid", den die Band mitten in einer Bass-Eskalation abwürgt – wobei das erwähnte Bauwerk zweifelsohne in jedem Stockwerk mit einem Feuerlöscher ausgestattet ist. Ordnung muss nun mal sein. Auch im sich verzögert, aber zwingend eingroovenden Opener "Exacto", der seinem Titel alle Ehre macht, oder beim nicht einmal zweiminütigen "Common mistakes", wo sich Omni trotz aller gebotenen Kürze Zeit für ein feinsinniges Piano-Detail nehmen. So reduziert wie nötig und so schluffig wie möglich geben sich auch die treffend kurz benannten Rumpel-Juwelen "PG" und "F1". Minimalkompakt mit schiefem Schlips und Kragen.
Zwar enthält "Souvenir" keinen so makellosen kleinen Über-Hit wie "Equestrian" von "Multi-task" – dafür aber genug Vergleichbares, das zuweilen sogar entlegeneren Pop-Klassikern seine Aufwartung macht. Etwa "INTL waters", das einen zunächst mit schroffen Riffs rasiert, dann das Tempo im Geiste von The Doors' "When the music's over" verschleppt und sich schließlich doch überschlägt, bis man nicht mehr weiß, wo einem der Kopf steht. Oder das großartige "Double negative", eine entkernte Dengel-Umdeutung von The Knacks "My Sharona". Da ist von der Liebsten nicht mehr zu erwarten als ein "Granite kiss", bei dem zu allem Überfluss die Brillengestelle aneinanderklackern, sodass das vergleichsweise straighte, wiewohl schlaufenartig strukturierte "Verdict" fast als beschwingt durchgeht. Nein, allzu viel ändern wird sich an Omnis abgezirkelter Spielart von Rockmusik wohl tatsächlich nicht mehr. Aber warum auch, wenn sie so viel Spaß macht? "It's a compliment either way", versichert der Closer – das geben wir gerne zurück.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Exacto
- Plastic pyramid
- Double negative
- Verdict
Tracklist
- Exacto
- Plastic pyramid
- Common mistakes
- INTL waters
- Double negative
- PG
- Granite kiss
- Verdict
- F1
- To be rude
- Compliment
Im Forum kommentieren
Immermusik
2024-02-29 20:52:37
Verdient mehr Aufmerksamkeit. Ich finde es ihr bisher bestes Album.
8/10
Armin
2024-02-14 20:34:55- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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