Liz - Amy Winehouze
Bleibe Echt / UniversalVÖ: 16.02.2024
Die Hasskappe sitzt schief
Im Jahr 2021 zeigte Frankfurt am Main dem Rest der HipHop-Nation mal wieder seine grimmige Fratze. Die damals 22-jährige Liz debütierte mit Ihrer EP "Bleibe echt" und pöbelte sich – ganz in der Tradition von Rap-Artists wie Azad, Schwesta Ewa oder Celo & Abdi – lautstark in die kollektive Wahrnehmung. Nur ein Jahr später folgte ihr erstes Album "Mona Liza". Ganz verzückt von den authentischen Gangstergeschichten, feierten nicht nur Szene, sondern auch Feuilleton die junge Künstlerin und erklärten sie reflexartig zur weiblichen Version vom Offenbacher Haftbefehl. Im Gegensatz zu dessen eher zurückhaltendem Umgang mit den Medien, reagierte sie auf die diversen Interviewanfragen mit offenen Armen. Bereitwillig plauderte sie über ihr Seelenleben, ihren Werdegang und sogar über Politik. Nun erscheint ihr zweites Album "Amy Winehouze", und man wird den Eindruck nicht los, dass das öffentliche Interesse etwas mit ihr gemacht hat. Es ist erstaunlich, welchen Wandel Liz seit ihrem Erstling vollzogen hat.
Dominierte 2021 noch das Leben zwischen Drogendeals und Stress mit der Staatsgewalt ihre Texte, haben sich die Themen von der Gosse in Hotelsuiten und Logen von Stripclubs verlagert. Dieser Logik folgend, bellt Liz beim Rappen auch nicht mehr durchgehend wie eine tollwütige Bulldogge. Beim Opener "Main grau" schmachtet sie einen pathetischen Refrain ins Mikro, bei "3 Gramm" wechselt sie zwischen nasalem Rappen und so süßlichem Gesang, dass Apache207 sich ernsthafte Sorgen um die Schlagerrap-Krone machen muss. Lediglich beim aggressiven "Tochter meiner Mutter" läuft Lizzy Liz zu alter Form auf. Bei "Eins zwei" ist es vor allem der Berliner Gastrapper Kasimir1441, der mit seiner psychopathischen Reibeisenstimme für die bedrohliche Stimmung sorgt. Die Hasskappe sitzt mittlerweile deutlich schief auf dem Kopf der 25-Jährigen und trägt das Logo irgendeines angesagten Modelabels. Behauptete sie auf "Bleibe echt" noch, dass sie "Frankfurt-Trikot und kein Kenzo" trage und "ein Fick auf Dein Patek" gäbe, sind nun in ihrer "Pradabag nur Hunderter", wie man im Song "Mailbox" erfährt. In "Souvenir" zeigt sie sich verletzlich und in einer toxischen Liebesbeziehung gefangen, bei "Sie mag es" gibt sie die überhebliche Proll-Rapperin und ist dabei leider genauso frauenverachtend und ekelhaft wie viele ihrer männlichen Straßenrap-Kollegen.
Dann lieber belangloser Moneytalk über pumpende Clubbeats,wie bei "100%" oder "Billie Jean", das durch das Jerseyclub-Instrumental von Produzent PzY glänzt. Auf der zweiten Albumhälfte bringt Liz noch Persönliches unter. "Mailbox" erzählt vom erfolgsbedingten Verfolgungswahn, "Hör auf" vom schwierigen Elternhaus. Die Erklärung für den Albumnamen findet sich auf dem gleichnamigen Titeltrack. Die britische Ausnahmekünstlerin kam wie Liz aus einfachen Verhältnissen, litt ebenfalls an mangelndem Selbstwertgefühl. Produziert wurde der Song von Lucry & Suena, und das hochdekorierte Produzentenduo zeigt sich anpassungsfähig: Der dudelnde Panflötenbeat passt perfekt zu diesem mittelprächtigen Deutschrap-Release.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Billie Jean
- Tochter meiner Mutter
Tracklist
- Main grau
- Billie Jean
- Eins zwei (feat. Kasimir1441)
- Gangster tanzen nicht
- Sie mag es (feat. Kitty Kat)
- Souvenir
- 100%
- Fahren
- 3 gramm
- Hoffnung - Skit
- Amy Winehouze
- Auf Gott
- Mailbox
- Hör auf
- Tochter meiner Mutter
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Armin
2024-02-14 20:33:57- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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