Kid Cudi - Insano

Republic / Universal
VÖ: 12.01.2024
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 3/10
3/10

Abgesang und Absturz

War es das mit Kid Cudi? Seit Ende der 2000er-Jahre hat sich der in Ohio geborene Mann nicht wirklich eine der besten, aber eine der interessanteren Diskografien im Mainstream-US-Rap aufgebaut. Er wühlte mit Indie-Sensibilität, psychedelischen Vibes und um mentale Gesundheit kreisenden Lyrics die Szene auf, stürzte dann auf einer ihr Ziel völlig verfehlenden "Speedin' bullet 2 Heaven" ab, und machte selbst auf den späteren, ereignisloseren Alben immerhin noch Features mit Phoebe Bridgers klar. Nun deutet der inzwischen als Produzent und Schauspieler im Filmbusiness aktive Scott Mescudi an, das Kapitel mit der Musik zumindest unter dem bekannten Alias abzuschließen. Möglicherweise ist "Insano" also die letzte Kid-Cudi-Platte überhaupt – und genauso klingt sie auch. Nicht, weil sich ihr Urheber mit einem Knall verabschieden will, sondern weil es über weite Teile so wirkt, als wäre er gedanklich schon im Ruhestand.

Über sinnlos aufgeblähte 64 Minuten schabt sich Cudi hier die Kanten seines Profils ab und wird auch nicht plötzlich zu Tyler, The Creator, nur weil DJ Drama ein paar Mal dazwischenlabern darf. Wie er im Traum Richtung Erde fällt, nur um wieder gen Himmel emporzusteigen, erzählt der Cudder in "Often, I have these dreamz", doch der Höhenflug reicht nur bis zu generischen Protz-Trap-Nichtigkeiten wie "Keep bouncin'", "Most ain't Dennis" oder "Cud life". Mit pseudocineastischem Orchester-Hack wagt "A tale of a knight" produktionstechnisch zwar ein bisschen mehr, landet aber letztendlich auf dem gleichen Weltraumschrottplatz. Es ist ein Jammer, dass solche Nummern Cudis ausdrucksstarker Stimme komplett das Charisma absaugen, ohne davon selbst einen Powerschub zu bekommen. Unter Beihilfe von Travis Scott, bei dessen Sound sich "Insano" großzügig bedient, schafft es wenigstens der kleine Banger "Get off me" auf die Tanzfläche, anstatt vorher zu verenden.

Generell zeigt bei den Tracks mit Support der Daumen eher nach oben. "At the party" dreht den zuvor glorifizierten Hedonismus zum Horrortrip samt Nahtoderfahrungen um und erzeugt mit der unheimlich ausgeleuchteten Stimme Pharrells tatsächlich so etwas wie Atmosphäre. Der olle Lil Wayne und Young Thug geben in "Seven" respektive "Rager boyz" ebenfalls eine passable Figur ab, auch wenn den letztgenannten Song vor allem das perlende Instrumental zum Highlight formt. A$AP Rocky lässt indes die ganz klassische Midtempo-Kid-Cudi-Hymne "Wow" funkeln, die Hook trifft voll ins Schwarze und Drake kann man eh immer mal dissen. In Zeilen wie "Finally found my peace, the demon ceased to haunt me all night long, all fuckin' night long", klingt Cudi wieder wie ganz der Alte, ehe das Ace Of Base samplende "Electrowavebaby" die Stimmung gleich im Anschluss einreißt und Lil Yachty in "Too damn high" das einzige wirklich miese Feature der Platte hinrotzt. Der darf das, immerhin hat er seinen Gastgeber in Sachen genresprengender Grenzgängerei eindrucksvoll überholt.

Die fehlende Ambition bleibt das größte Problem von "Insano", das unterm Strich genug gefällige Momente abwirft, um die Rohrkrepierer auszugleichen. Der knackige Kopfnicker "Mr. Coola" macht ebenso Spaß wie "Porsche topless" mit seinen Bubblegum-Bläsern, während das Piano-dominierte "Tortured" durchaus berührt. Letzteres ließe sich auch über "X & Cud" sagen, den 2018 verstorbenen XXXTentacion zum circa 400. Mal auszubuddeln, hätte aber nicht sein müssen. Wer die 21 Tracks bis fast zum Ende aushält, erlebt mit "Blue sky" sogar ein unerwartetes Stück Pop-Brillanz, in dem Cudi mal doch nach den Sternen greift. Kein Kulminationspunkt, sondern die Ausnahmeerscheinung auf einem Album, dessen Essenz eher die mit der Leidenschaft eines Unternehmens-Pitchs vorgetragenen Aufforderungen von "Funky wizard smoke" konzentrieren: "If you got some cash, let's go / If you got that swag, let's go." Auf die galaktischen Abenteuer zu fremden Planeten der Mediokrität dürfen halt nicht alle mit.

(Marvin Tyczkowski)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Wow (with A$AP Rocky)
  • Rager boyz (with Young Thug)
  • Blue sky

Tracklist

  1. Often, I have these dreamz (with DJ Drama)
  2. Keep bouncin'
  3. Get off me (with Travis Scott)
  4. Most ain't Dennis
  5. Wow (with A$AP Rocky)
  6. Electrowavebaby
  7. A tale of a knight
  8. Cud life
  9. Too damn high (with Lil Yachty)
  10. Getcha gone
  11. At the party (feat. Pharrell Williams & Travis Scott)
  12. Mr. Coola
  13. Freshie
  14. Tortured
  15. X & Cud (with XXXTentacion)
  16. Seven (with Lil Wayne)
  17. Funky wizard smoke
  18. Rager boyz (with Young Thug)
  19. Porsche topless
  20. Blue sky
  21. Hit the streetz in my Nikes
Gesamtspielzeit: 64:00 min

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Armin

2024-01-31 22:09:10- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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