Sivert Høyem - On an island

Warner
VÖ: 26.01.2024
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Das Schmachtmonopol

Warum nicht in Zeiten, in denen man sowieso möglichst keine Menschen treffen sollte, an einen Ort reisen, der vor langer Zeit quasi entvölkert wurde? Ideal natürlich: Norwegen, wie alle skandinavischen Länder mit viel Platz versehen – je nördlicher, desto besser. Nyksung ist so ein Ort. Ein altes Fischerdörfchen auf einer Insel, von der Moderne erst eingeholt und dann überholt – noch neun Menschen finden sich dauerhaft hier mit Blick auf den Atlantik inmitten vieler Klippen und bunter Nordlichter ein. Dazu eine Kirche, in der Sivert Høyem 2021 zusammen mit einigen Mitstreitern ein paar Monate verbrachte, um sein siebtes Soloalbum aufzunehmen. Einen Namen machte er sich als Sänger von Madrugada, die Auszeit der Band nach dem Tode von Gitarrist Robert Burås nutzte er, um verstärkt auf Solopfaden zu wandeln.

War bislang die Formel recht einfach – solo etwas zurückgenommener, mit Band brachialer, kraftvoller, epischer –, weichte Madrugadas Comeback "Chimes at midnight" diese etwas auf. Zwischen dem folgerichtig "On an island" betitelten Werk und der letzten Veröffentlichung der Skandinavier passt weder ein Blatt Papier noch eine Gitarrensaite, zumal Christer Knutsen auf beiden Platten letztere bedient. Mitsamt Bariton-Gitarre, leicht verwischten Drums und dem gelegentlichen Knarzen alten Kirchenholzparketts steht ein gewohnter Plan: Høyems Stimme wie bei "In the beginning" möglichst viel Raum geben, in dem sie wirken kann. Sein Organ markant zu nennen, wäre untertrieben: Einzigartig ist das einzig Adjektiv, das ihm gerecht wird. Genau die richtigen Hörnerven zu treffen, ist für den Norweger mittlerweile seit Jahrzehnten ein Kinderspiel.

Høyem schafft es, gleichsam eine gewisse melancholische Schwere auszudrücken als auch hoffnungsvoll jedes Lagerfeuer- oder Rotwein-induzierte Zweisamkeitsgefühl in Formen zu gießen. Den neun Stücken dieses Albums steht diese Reduziertheit besser als seiner Hauptband, von der man etwas mehr volle Kapelle gewohnt ist. Doch solo sind Novellen über verlassene Fischerdörfer, Geschichten über milde Liebschaften oder schlicht tragisches "When your true love is gone" nun mal um einiges besser einzufangen. Dass er es alleine auch durchaus lärmiger konnte, bewies allerdings nicht nur "Shadows / High meseta" auf "Moon landing". Bei all den feinen Midtempo-Balladen ist aber auch hier irgendwann der Punkt erreicht, an dem für den Wiederhörwert ein bisschen mehr Abwechslung beim Songwriting gutgetan hätte – zumal Høyem die Zeit, die er hatte, auch in die Tracklängen gießt: "The rust" dauert knapp acht Minuten, kommt aber zu keiner Zeit richtig vom Fleck. Schwache Songs sucht man erneut vergeblich, jedoch wird der Wunsch nach etwas Laut-Leise-Dynamik, etwas Tempoverschärfung, mehr Leben im immergleichen Widerhall der Kirche mit zunehmender Spieldauer immer größer. So schön es auch ist, diesem Mann und seinem wunderbar schmachtenden Bariton zu lauschen.

(Klaus Porst)

Bei Amazon bestellen / Preis prüfen für CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis prüfen für CD und Vinyl

Highlights & Tracklist

Highlights

  • When your true love is gone
  • In the beginning
  • Now you see me, now you don't

Tracklist

  1. On an island
  2. Two green feathers
  3. When your true love is gone
  4. In the beginning
  5. Aim for the heart
  6. The rust
  7. Keepsake
  8. Now you see me, now you don't
  9. Not enough light
Gesamtspielzeit: 42:37 min

Im Forum kommentieren

Armin

2024-01-24 20:36:29- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

Meinungen?

Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.

Spotify

Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv

Threads im Forum