Home Front - Games of power

La Vida Es Un Mus
VÖ: 03.03.2023
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
8/10

Ganzkörpererfahrung

"Clint, wie schaut's, hast Du irgendwelche besonderen Ideen für unser Album?" – "Ach Graeme, lass einfach mal machen!". Ob jene Konversation im Kreise der Kanadier Home Front in dieser Weise ablief, konnte die Redaktion von Plattentests.de leider nicht final verifizieren. Kein Wunder, denn schließlich befanden sich zu Beginn des Jahres 2023, als Home Front ihr Debut veröffentlichten, gleich mehrere vom Chef speziell mit dem intensiven Scannen der Musiklandschaft beauftragte Büros noch im spätwinterlichen Tiefschlaf. Wie sonst hätten wir ein kleines Monstrum wie "Games of power" übersehen können?

Egal ob Home Front sich nun vornahmen, ihrer Kreativität freien Lauf zu lassen und jegliche Konzepte beiseitezuschieben: "Games of power" ist nicht nur ein modernes Post-Punk-Album, sondern erkundet stilistisch auch einige Grenzregionen, die das Genre zu öffnen vermögen. Es pluckert, klingelt zu Beginn und man jubiliert, wenn der Opener "Faded state" in Fahrt kommt. Home Front schicken ihrem teils wilden Ritt durch die vergangenen Dekaden einen ziemlichen Hit voraus, der erste Schweißperlen auf die hohe Stirn zaubert.

Derart eingegroovt recken Graeme MacKinnon und Clint Frazier aus Edmonton ein erstes Mal den Mittelfinger. Denn auf den düsteren und intensiven Sound-Ritt des folgenden "Real eyes", irgendwo zwischen staubtrockenem Industrial und schnörkellosem Punk, war nun wirklich niemand vorbereitet. Kurz schütteln und auf in den Moshpit, denn im Hit "Nation" schmücken cheesy 80s-Synths bloß die Zacken der Irokesen, die zu dieser Hymne gar nicht anders können, als sich inmitten wild aneinander reibender Körper zu schmiegen. Vorsicht vor so manchem Ellenbogen. Bevor "Contact" dann New Order huldigt und mit "Over time" ein erstes Mal etwas Schönklang Einzug erhält, unterstreicht "New face of death" die besondere Qualität dieser Platte: Selten durften in diesem Genre auch die Einflüsse des späten nordamerikanischen 80s-Hardcore so prominent durchschimmern.

Geradezu experimentell wird es im Titelstück, einem Beinahe-Instrumental, das besonders viel charmanten 80s-Vibe atmet und nur im dunklen Strobo zur Geltung kommt. Viel vom Charme des Klangbildes von Home Front macht die großartige Performance von MacKinnon am Mikrofon aus. Denn der Frontmann kann nicht nur wohltemperiert shouten, wenn es punkiger zugeht, er singt auch einfühlsam und impulsiv, wenn der Song ihm Raum bietet. "Face value" sorgt zunächst für Atmosphäre, bevor das Stück hintenraus einmal mehr The Cure hochleben lässt, ein paar Bratgitarren extra für den Geschmack. Bei dieser Ganzkörpererfahrung namens "Games of power" scheint es dann fast logisch, dass "Born killer" als kleines verqueres Industrial-Biest für den ersten schlechten Traum sorgt. In Träumen geht bekanntlich sehr viel. Nicht nur hier könnte der Hinweis lauern, dass wir von Home Front in naher Zukunft noch einiges erwarten dürfen.

(Eric Meyer)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Faded state
  • Real eyes
  • Nation (feat. Cal Graham)
  • New face of death
  • Face value

Tracklist

  1. Faded state
  2. Real eyes
  3. Nation (feat. Cal Graham)
  4. New face of death
  5. Over time
  6. Contact
  7. Crisis
  8. End transmission
  9. Games of power
  10. Face value
  11. Born killer
  12. Quiet world
Gesamtspielzeit: 39:32 min

Im Forum kommentieren

fakeboy

2024-09-01 14:29:53

Gestern endlich live erlebt. Das Konzert wurde von der sehr kleinen Hafenkneipe in das nicht viel grössere Werk 21 im Dynamo verlegt - da habe ich vor ca. 30 Jahre mein erstes Konzert ausserhalb meiner Heimatstadt gespielt und ich mag den Ort deshalb sehr - er sieht heute noch praktisch gleich aus... Anyway, das Konzert war wie erwartet: grandios. Das Album "Games of Power" hat sich mittlerweile zu einer absoluten Lieblingsplatte entwickelt. Aus synthielastigem New Wave und hymnenhaftem (Oi-)Punk machen Home Front Songs, die mitreissen und hängen bleiben. Live kommt das noch punkiger rüber, der Sänger ist ein Energiebündel sondergleichen, springt rum, animiert und strahlt eine ansteckende Freude aus an dem was er macht. Die vielleicht knapp 200 Personen im Saal nahmen die Energie dankbar auf, es herrschte ausgelassene Stimmung, dabei blieb es angenehm friedlich. Kein Macho-Bullshit im Moshpit sondern einfach tanzende und pogende Leiber und viele Fäuste in der Luft. Besonders gut kamen "New Faces Of Death" und das emotionale "Overtime" an und beim Hit "Nation" lagen sich alle in den Armen. Dass das Set mit Blitz' "New Age" abgeschlossen wurde, macht absolut Sinn.

Support waren Grüze Pack aus Winterthur. Aggressiver, kantiger Oi/HC mit klaren (linken) Ansagen in den Texten. Kam sehr mitreissend und authentisch rüber, sehr geiles kurzes Set, das nach rund 20 Minuten ebenfalls mit einem Blitz-Cover abgeschlossen wurde ("Someone's gonna die tonight").

fakeboy

2024-08-29 14:22:01

Die Band hat einen irren Tourplan hinter sich. London, Spanien (3 Shows), Athen, Kopenhagen, Benelux (3 Shows) und zum Abschluss Schweiz (2 Shows) - und all das innert 11 Tagen...

fakeboy

2024-08-29 14:19:09

Am Samstag endlich live! Wurde von der Hafenkneipe (wo eher 100 als 200 Leute Platz haben) ins grössere Werk 21 (Dynamo) verlegt. Freu mich sehr.

fakeboy

2024-06-13 11:30:35

In Zürich übrigens in der Hafenkneipe. Extrem kleiner Schuppen, da passen vielleicht 200 Leute rein, eher weniger. Könnte ein ziemlicher Abriss werden.

fakeboy

2024-06-12 23:22:59

@boneless: hatte deinen Hinweis auf Lathe Of Heaven im Dezember völlig übersehen. Guter Tipp, danke!

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