Violent Femmes - Violent Femmes (40th anniversary)
Craft / Concord / UniversalVÖ: 01.12.2023
High as a kite
Wer hat den Indie-Gitarren-Schrammelpop eigentlich erfunden? Nein, nicht die Schweizer. Aber vielleicht ja Gordon Gano. Jedenfalls hat sich das Debüt, das er, Brian Ritchie und Victor DeLorenzo im Sommer 1982 aufnahmen und welches im Frühjahr 1983 erschien, über die Jahrzehnte nicht nur zum Millionenseller entwickelt, sondern auch zur Blaupause für zahlreiche Indie-Bands. Wobei nur wenige es schaffen, diesen markant windschiefen Sound von Violent Femmes auch nur ansatzweise zu erreichen.
Dieses leicht Eiernde, über das Gano seinen Gesang, nein, nicht nölt, aber doch auf ganz eigene Art in den Äther bringt. Die gefühlt angetrunkene Gitarre, den eigenwilligen (Mariachi-)Bass und das nebenherhoppelnde Schlagzeug inklusive umgedrehter Metallwanne. Vor allem aber auch diesen Melodienreichtum. Nicht mal Violent Femmes selbst sollten das je wieder so gut hinbekommen wie auf dieser ersten Platte, die völlig zu Recht nicht nur der Rolling Stone zu den besten Debütalben aller Zeiten zählt.
So eine Jubiläumsneuauflage – wer oben aufgepasst hat, weiß, es ist der 40. Geburtstag – ist eine herrliche Gelegenheit, sich mal wieder gründlicher mit einem Klassiker zu beschäftigen. Dessen Hits ja längst auch in die Filmgeschichte eingegangen sind: Das unsterbliche "Blister in the sun" gehört nicht nur in jede vernünftige Indie-Playlist, sondern veredelt auch den besten Film, der je über Auftragskiller, die zu einem Klassentreffen gehen, gedreht wurde – "Grosse Point Blank". Und wie Ethan Hawke in "Reality bites" (dem Regiedebüt von Ben Stiller) mit seiner Band Hey That’s My Bike seinen Liebesfrust mit Winona Ryder in "Add it up" herauslässt, ist legendär.
Aber auch das frustrierte und doch so dynamische "Kiss off" mit seinen Yeah-Yeahs und der grandiose Ohrwurm "Gone daddy gone/I just want to make love to you" sind längst unverzichtbare Elemente im Periodensystem der Indiemusik. Nicht zu vergessen "Good feeling", das bezaubernde, streicherselige Finale der ursprünglichen Albumfassung. Das alles wurde nun – wie sich das so gehört – noch einmal amtlich geremastert, was wirklich sehr gut klingt, ohne den eckigen Stil zu beeinträchtigen.
Dazu gibt es (wie allerdings schon auf der Jubiläumsausgabe zum 20-Jährigen) einen Schwung Demos, bei denen auch die B-Seiten glänzen dürfen. Hier wird zwischen all den kleinen Losergeschichten wie "Girl trouble", "Breakin' up" oder "Waiting for the bus" die lakonische Ader der Band gepflegt. Hinzu gesellen sich 13 Liveaufnahmen, je vier aus dem Jahr 1981 – also noch vor den Albumaufnahmen – aus dem Beneath-It-All Café und der Jazz Gallery in ihrer Heimatstadt Milwaukee, dazu noch fünf Stücke von einem New-York-Auftritt 1983. Hier wurde die Bühnenenergie gut eingefangen – aber vor allem der nicht zu unterschätzende Humor der Band. Gordon Ganos Ansagen und Interaktionen mit dem Publikum sind mitunter reinste Stand-up-Comedy. Diese Boni runden ein Meisterwerk ab, bei dem einige Musiker, die später als Pixies oder Nirvana berühmt wurden, sehr genau hingehört haben dürften.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Blister in the sun
- Kiss off
- Add it up
- Gone daddy gone/I just want to make love to you
- Good feeling
Tracklist
- Part 1
- Blister in the sun
- Kiss off
- Please do not go
- Add it up
- Confessions
- Prove my love
- Promise
- To the kill
- Gone daddy gone/I just want to make love to you
- Good feeling
- Ugly
- Gimme the car
- Part 2
- Girl trouble (Demo)
- Breakin' up (Demo)
- Waiting for the bus (Demo)
- Blister in the sun (Demo)
- Kiss off (Demo)
- Please do not go (Demo)
- Add it up (Demo)
- Confessions (Demo)
- Prove my love (Demo)
- Special (Live at Beneath-It-All Café, Milwaukee, WI - 9/12/1981)
- Country death song (Live at Beneath-It-All Café, Milwaukee, WI - 9/12/1981)
- To the kill (Live at Beneath-It-All Café, Milwaukee, WI - 9/12/1981)
- Never tell (Live at Beneath-It-All Café, Milwaukee, WI - 9/12/1981)
- Break song (Live at The Jazz Gallery, Milwaukee, WI - 12/8/1981)
- Her television (Live at The Jazz Gallery, Milwaukee, WI - 12/8/1981)
- How do you say Goodbye (Live at The Jazz Gallery, Milwaukee, WI - 12/8/1981)
- Theme and variations (Live at The Jazz Gallery, Milwaukee, WI - 12/8/1981)
- Prove my love (Live at Folk City, New York, NY - 1/26/1983)
- Gone daddy gone/I just want to make love to you (Live at Folk City, New York, NY - 1/26/1983)
- Promise (Live at Folk City, New York, NY - 1/26/1983)
- In style (Live at Folk City, New York, NY - 1/26/1983)
- Add it up (Live at Folk City, New York, NY - 1/26/1983)
Im Forum kommentieren
Loketrourak
2023-12-31 20:33:37
Was soll man dazu noch sagen. Brillanter Klassiker. Ich kenne wenige Menschen, die das Album nicht besitzen (und jeder liebt es).
Armin
2023-12-21 20:07:03- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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