Various Artists - Moping in style – A tribute to Adam Green

Capitane / Cargo
VÖ: 01.12.2023
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Einstürzende Nachbauten

Die Hommage durch das Album "Moping in style – A tribute to Adam Green" (ein Zitat aus dessen Stück "Losing on a Tuesday") bringt ein längst vergessenes Nischen-Genre der 90er/00er zurück in das Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit: Antifolk. Geprägt hat diese Richtung vor allem ein Musiker – der US-Amerikaner Adam Green. Eine Verneinung des Folks war dabei aber nicht gewollt, sondern eine erneuernde Frischzellentherapie. So wie der Punk den Rock durch Einfachheit und Direktheit von den Fesseln des Glam befreit hat, hat der Antifolk das Folkgenre humorvoll und unkommerziell vereinfacht bis hin zur totalen Schrulligkeit. Wie sowas klingt und aussieht, illustrieren ältere, auf YouTube abrufbare Videos: Der Auftritt des Singers und Songwriters mit der Band Moldy Peaches in Hasenkostümen: "Moldy Peaches – Little Bunny Foo Foo – Live in NY – 1999". Oder der kostümierte Soloauftritt bei radioeins: "Adam Green | radioeins Loungekonzert". Der Antifolk des Künstlers ist einfach instrumentiert mit der Akustikgitarre im Vordergrund, und er mutet einem häufig wie Streetmusic an. Doch der eigentliche Verdienst ist die Befreiung, sich seltsam geben zu dürfen und das Gegenteil von Starallüren auszuleben.

Ehre also, wem Ehre gebührt. Und so versammeln sich auf dem Tribute-Album viele bekannte Namen der Indie-Szene: Regina Spektor, Father John Misty, Devendra Banhart, The Libertines, The Lemon Twigs, Frankie Cosmos, Sean Ono Lennon oder The Lemonheads, um nur einige zu nennen. 26 Adam-Green-Nummern aus verschiedenen Platten, angefangen bei "Garfield" aus dem Jahr 2002 bis hin zum aktuellen Werk "That fucking feeling", sind auf der Sammlung gecovert – mit unterschiedlicher Nähe zu den Originalsongs. Zwei Soloalben wurden gar nicht berücksichtigt, nämlich "Engine of paradise" und "Musik for a play".

Die Originaltitel sind jedoch weitgehend gelungener als die Coverversionen. Adam Green singt mit einer wundervoll dominanten dunklen Stimme, die Bill Calahan zum Verwechseln nah kommt und sich wie ein Herz auf der Baumrinde ins Gehör einritzt. Seine eigene Version von Folk spielt er besonders auf den älteren LPs schnörkellos, so als säße er mit seiner Gitarre ungezwungen und ausgelassen musizierend vor uns. Die Remakes klingen zu sehr nach 2023 und geben überwiegend glatt produzierte und im direkten Vergleich stimmlich zweitklassige Nachbauten ab. Der Spirit des Antifolk ist durch den Teleport verloren gegangen.

Als Ausnahme hebt sich strahlend das lässig schmachtende, simpel instrumentierte "That fucking feeling" von Sean Ono Lennon ab; kraftvoll wie zuvor Adam Green singt er – nur etwas höher – die Ballade, begleitet von eigenwillig sparsamen Keyboard-Tonfolgen. Erwähnenswert sind die mutigen Neuinterpretationen, die sich von den Originalen derart weit entfernt haben, dass sie durch das "Aus-alt-mach-neu" zumindest interessant, wenn auch nicht besser werden: Aus "Stadium soul" hat Hubert Lenoir eine elektronische Nummer gemacht, die mehr HipHop ist als Folk, auf "Friends of mine" trägt Vincent Delerm die Strophen auf Französisch vor und unterlegt das Ganze mit 70er-Pop-Sound. "Drugs" hat schließlich eine fürchterliche Transformation hinter sich; denn Kyp Malone hat aus dem Track ein düster-monotones Gothic-Stück gemacht.

Selten sind Coverversionen ein Gewinn, man kann positive Beispiele nämlich an den Fingern abzählen: Man denke beispielsweise an die Grungetransformation von "Luka" durch die Lemonheads, und nun kann auch Lennons "That fucking feeling" in den Club aufgenommen werden. Der Tribute-Longplayer regt dazu an, Adam Green wiederzuentdecken, darin liegt sein Wert, ansonsten bietet er weitgehend lediglich musikalisches Mittelmaß.

(Achim Keil)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • We're not supposed to be lovers (Regina Spektor & Jack Dishel)
  • Baby's gonna die tonight (The Lemon Twigs)
  • Losing on a Tuesday (The Lemonheads)
  • That fucking feeling (Sean Ono Lennon)
  • Stadium soul (Hubet Lenoir)

Tracklist

  1. We're not supposed to be lovers (Regina Spektor & Jack Dishel)
  2. Baby's gonna die tonight (The Lemon Twigs)
  3. Musical ladders (Father John Misty)
  4. Secret tongues (Frankie Cosmos)
  5. Pay the toll (Devandra Banhart)
  6. Getting led (Binki Shapiro)
  7. My shadow tags on behind (The Cribs)
  8. Her father and her (Ben Kweller)
  9. Breaking locks (Jenny Lewis)
  10. Losing on a Tuesday (The Lemonheads)
  11. Jessica (The Libertines)
  12. Never lift a finger (Lou Barlow)
  13. Birthday Mambo (Rodrigo Amarante)
  14. That fucking feeling (Sean Ono Lennon)
  15. Emily (Jonathan Rado)
  16. Drugs (Kyp Malone)
  17. Stadium soul (Hubet Lenoir)
  18. Hard to be a girl (The Pirouettes)
  19. Dance with me (Joanna Sternberg)
  20. Dreidels of fire (Ben Lee)
  21. Friends of mine (Vincent Delerm)
  22. Cigarette burns forever (Cut Worms)
  23. Hairy woman (Turner Cody & The Soldiers of Love)
  24. Buddy Bradley (Herman Dune)
  25. Bartholomew (Jeffrey Lewis)
  26. Musical ladders (The Dooors)
Gesamtspielzeit: 77:45 min

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Armin

2023-12-21 20:06:46- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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