Sparkling - We are here to make you feel

Moshi Moshi / Cargo
VÖ: 27.10.2023
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Wir sind nicht hier für Deine Eltern

Okay, das könnte jetzt lustig werden: Einfach mal die neue Platte von Sparkling anwerfen, und wer jetzt denkt, "Was ist denn das für eine lauwarme Plörre?", ist wahrscheinlich vor 1990 geboren und kann überhaupt nicht nachvollziehen, warum diese drei Kölner gerade das Indie-Feld von hinten abräumen. Es ist natürlich hart, mit dem Hirn-Bias irgendwo zwischen Modern Talking und Bomfunk MC's auf Künstler zu treffen, die einfach darauf pfeifen, ob ein Boomer das zu seicht findet. Was die Gebrüder Krasel zusammen mit Luca Schüten stattdessen schaffen: Sie geben der aktuellen Indie-Meute die Songs, die gerade am dringensten gebraucht werden, Songs wie eine warme Kuscheldecke mit einer warmen Tasse Kakao und dem Versprechen: Zusammen schaffen wir es auch noch durch diese dunkle Zeit, Du bist nicht allein, "we are here to make you feel good". Und wenn Dir die Decke auf den Kopf fällt, dann "hey hey hey" komm raus, mit uns tanzen! Ist das zu cheesy? Ja, aber das gehört so, mach mal lauter! Jede Generation mit neuer Musik legt es ja quasi darauf an, die Generation davor bis aufs Blut zu reizen. Die Eltern im Wohnzimmer fragen sich, was haben wir bloß falsch gemacht bei den Kindern, dass die jetzt Sparkling hören, wir haben ihnen doch immer Oasis vorgespielt! Und Papa schäumt, dass sich Sparkling auch noch schamlos am Design von New Order vergriffen haben und weint eine Träne auf sein neues Steven-Wilson-Album. Tja, bunte Quadrate darf halt jeder!

Musikalisch macht das Trio, was es auch schon auf den beiden Vorgänger-EPs veröffentlicht hat – Synthiepop, der über sämtliche Sprach- und Genregrenzen drüberbügelt, als wenn es die gar nicht geben würde. Hat man die ersten drei Tracks hinter sich, steht unweigerlich die Frage im Raum, welcher davon uns in den nächsten Jahren in einem Werbespot wiederbegegnet. Ohrwurmpotenzial haben sie alle. Gut, dass die Band nicht nur Bubblegum-Pop produziert, sondern mit "I get sad so easily" zeigt, dass mit den gleichen Zutaten nicht weniger druckvoll auch eine Anti-Hymne gezimmert werden kann. Mit "I want to go to France" schrammen die Drei so knapp am Eurodance vorbei, dass man nur die Hand raushalten müsste, um sich am Autoscooter abzuklatschen. Und Vati kratzt sich noch am Kopf, ob er da gerade "Around the world" von ATC vernommen hat, oder war es "Blue" von Eiffel 65? Diesen schamlosen Umgang mit dem Synthie muss man sich erstmal trauen – live dürfte das auf jeden Fall zünden. Doch vom Plastikpop der Neunziger sind Sparkling schon deshalb weit enfernt, da sie es textlich immer wieder schaffen, die ernste Stimmung dieser Zeit aufzunehmen, um dann einen Funken Hoffnung hineinzupusten, wie in "It's all fine".

Herausgekommen ist ein Album, das mit seiner Dringlichkeit im Hier und Jetzt passieren muss und den Seelenzustand der Menschen einer ganzen Generation auf den Punkt bringt. Sie sind erschöpft, sie sind müde. Aber sie sind nicht tot, sondern wollen was erleben und endlich wieder kollektive Ekstase zulassen, man braucht nur Freunde, die mitziehen. Diese Songs werden die Zeit überdauern und in das kollektive Gedächtnis einsinken, als die, zu denen man abends getanzt hat, während man tagsüber die Nachrichten nicht mehr ertragen hat. Die eingebaute Nostalgie ist mit Händen zu greifen und macht den Zauber dieses Albums aus. Und für das Hier und Jetzt gilt: Man muss dabei gewesen sein, wer nur daneben steht, versteht es nicht.

(Stephan Dublasky)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • We are here to make you feel
  • Hey hey hey
  • I love you so

Tracklist

  1. We are here to make you feel
  2. Hey hey hey
  3. I love you so
  4. I get sad so easily
  5. One day
  6. I want to go to france
  7. Here for a reason
  8. It’s all fine
  9. Don’t let go
Gesamtspielzeit: 29:45 min

Im Forum kommentieren

afromme

2023-11-06 15:27:30

Gerade frisch im Radio gehört - I get sad so easily. Fand ich gar nicht mal so gut, und zwar auf dem Level von "Avoid in the future".

Komme dann zufällig hier hin und sehe 8/10. Bitte was?

Diese Songs werden die Zeit überdauern und in das kollektive Gedächtnis einsinken
kann ich wie @Gordon Fraser auch nur als Metaironie verbuchen.

Das ist wirklich nicht gut. Schlimmes Zeug.

Gordon Fraser

2023-11-06 14:57:08

Wenn die Rezension sowas verspricht...

Diese Songs werden die Zeit überdauern und in das kollektive Gedächtnis einsinken

... und dann so ein Album dabei herauskommt. Oder ist das so Gen-Z-Metaironie, die ich nicht kapiere? :D

Klar, das hört sich locker weg, keine Frage, aber die Fallhöhe ist irgendwo im Zentimeterbereich. Und das Englisch des Sängers ist cringeworthy. Weil Cut Copy als erste Referenz genannt sind: das hier klingt wie eine Cut-Copy-Schüler-Coverband von der Gesamtschule Oer-Erkenschwick.

saihttam

2023-11-02 22:33:52

Oha, 8/10!? Ich fand das Debüt wirklich vielversprechend für eine deutsche Post-Punk-Band, aber das hier war beim ersten Reinhören leider nichts für mich. Vielleicht weil es eben weniger Post-Punk und mehr Wohlfühl-Party-Indie ist. Und das obwohl ich nach 1990 geboren bin, wenn auch nur knapp. ^^

Armin

2023-11-01 20:57:58- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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