Årabrot - Of darkness and light

Pelagic / Cargo
VÖ: 13.10.2023
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Tot und lebendig

Ist er es wirklich? Und wenn ja, was will der hier? Raus aus der neuen Årabrot-Platte! Wo kämen wir da hin? So, das wäre erledigt. Zugegeben: Das war nun leicht übertrieben und außerdem falscher Alarm, denn Jon Bon Jovi gastiert gar nicht auf "Of darkness and light". Obwohl man den Eindruck bekommen könnte, wenn im tollen Auftakt "Hangman's house" zunächst alles nach "Wanted dead or alive" schreit – von der trickreich arrangierten Western-Gitarre bis hin zur Melodieführung. Spätestens bei Einsetzen des ersten brachial röhrenden Stakkato-Parts sollten die letzten Gedanken an handelsüblichen Arena-Rock jedoch aus den Köpfen gepustet sein, zumal ein solcher Schwenk nach dem mehrstöckigen Brocken "Norwegian gothic" mehr als überraschen würde. Gewarnt sind wir trotzdem: Kjetil Nernes und Karin Park ist alles zuzutrauen.

Vor allem die männliche Hälfte des Duos hat nämlich offenbar keine Verträge mit kreativer Einengung oder den Erwartungen des Publikums, seit der Norweger eine Krebserkrankung überstanden und im Vorfeld von "Of darkness and light" die unliebsamen Ecken seiner Persönlichkeit entrümpelt hat. Årabrot wollen Blut sehen – nicht nur im fantastischen Starkstrom-Rocker "We want blood", der erst Metallicas "Wherever I may roam" antäuscht und dann mit knirschiger Uptempo-Power, ascheimerner Riff-Sense und jenseitigen Background-Vocals einen Hit in die Tanzfläche sägt, den auch Queens Of The Stone Age in ihren besten Momenten nicht rasanter hinbekommen hätten. Was im Grunde auf der Hand liegt, denn produziert hat Alain Johannes, der die Chose noch als Quasi-Bandmitglied auf "Songs for the deaf" kennt. Da fiepen die Ohren wie von selbst.

Schließlich hat man zu diesem Zeitpunkt schon über die Hälfte des zehnten Årabrot-Longplayers intus – und damit eine schaurig-schöne Höllenfahrt, in deren Verlauf muskulöse, von jeglichem Schlamm befreite Sludge-Sprengsätze auf Doom-Abgründe, industrielles Scheppern oder New Wave und Gothic in Technicolor prallen. Nichts und irgendwie auch alles davon findet sich sich im Groover "You cast long shadows": schlürfender Twang, aufgebracht kieksende Leads, Handclaps und Disco-Glitzer sowie Nernes und Park, die mit vereinten Ehepaar-Kräften das Keltenkreuz vom Cover anheulen. Apropos New Wave: Statt für ollen Grusel stehen die "Horrors of the past" für einen herrlichen Singalong, bei dem der Frontmann womöglich bedeutungsvoller jault, als Robert Smith es je vermochte. Einmal mehr stammt der beste The-Cure-Song des Jahres nicht von The Cure.

Dabei handelt es sich nicht einmal um das stärkste Stück dieses Albums. Allerdings um eins, das dessen todsicher auf den Punkt stechende Vorzüge trefflich illustriert: Alles ist tight, nichts hängt fransig herunter, weil keine Zeit mehr zum Wegschneiden blieb. Anders als auf "Norwegian gothic" finden hier nicht einmal eine "Twin Peaks"-Ehrerbietung oder Jazz-Improvisationen Platz. Immerhin lässt das Noise-rockende "Cathedral light" ein kleines Mädchen freudig "Fuck you!" jubilieren – ein ähnlich amüsantes Detail wie der Schleifer "Skeletons trip the light fantastic", wo vor dem geistigen Auge eine Horde Gerippe den roten Teppich unsicher macht und ob Årabrots großer musikalischen Leistung in die knöchernen Hände klatscht. Jon Bon Jovi würde vielleicht sagen: On a steel horse they ride. Und das Einschussloch im Küchenschrank wankt in den Sonnenuntergang.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Hangman's house
  • You cast long shadows
  • Cathedral light
  • We want blood

Tracklist

  1. Hangman's house
  2. You cast long shadows
  3. Horrors of the past
  4. Madness
  5. Cathedral light
  6. We want blood
  7. Fire!
  8. Skeletons trip the light fantastic
  9. Swan killer
  10. Love under will
Gesamtspielzeit: 41:57 min

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Armin

2023-11-01 20:54:05- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

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