Heavy Lungs - All gas no brakes

Alcopop! / The Orchard
VÖ: 29.09.2023
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Er ist es

Arsch treten und Leben verschönern, motzen und kumpeln. Seit 2017 Spezialitäten von Heavy Lungs, auch wenn das Debüt des Quartetts aus Bristol sechs Jahre auf sich warten ließ. Einer gewissen medialen Präsenz erfreuten sich die Briten trotzdem – etwa dank "(A bit of a) Birthday", einem Post-Punk-Biest mit Familienanschluss bei Queens Of The Stone Ages "Sick, sick, sick", das in der nicht ganz uncharmanten US-Polizeiserie "The rookie" auftauchte. Und indirekt auch durch ihren Sänger Danny Nedelko. Ja genau, der Typ, nach dem Idles ihren Pro-Einwanderer-Hit von "Joy as an act of resistance" benannten. Wahrscheinlich der meistgegrölte ukrainische Name, noch vor Wolodymyr Selenskyj. Und in der Tat sind beide Bands von der gleichen ruppigen Unbeugsamkeit beseelt – "Never fight a man with a perm", you know? Nedelko hat zwar gar keine Locken, aber ähnlich Gold in der Kehle wie Joe Talbot. Oder wie hieß noch gleich das Zeug, das immer so scheppert, wenn man es auf dem Wertstoffhof in den Container schmeißt?

Im Grunde egal, solange Nedelkos Kollegen es ihm gleichtun und musikalisch ebenso wenig Rücksicht auf Verluste nehmen wie ihr Frontmann bei seiner Stimme. Hier ist die Großklotzigkeit Programm, die auch im knallbunten Artwork und im Haudrauf-Albumtitel zum Ausdruck kommt. Und wie gut Heavy Lungs schönen, veritablen Lärm beherrschen, stellt schon der überfallartige Einstieg "Matryoshka" klar. Doch "All gas no brakes" kann mehr. Zum Beispiel den Titeltrack samt sattem, fidelem Mitmüsser-Groove, der sich die Riffs so scharfkantig wie möglich zurechtsägt und auf jeder darbenden Bloc-Party-Tanzfläche die Bodenplatten zum Vibrieren bringt. Nur halb so viel Zeit braucht der "Dancing man", der deutlich näher an der Noise-Schmerzgrenze operiert und nach zwei Minuten ebenfalls eine zuckende, dunkelgraue Masse hinterlässt. Und sollten Heavy Lungs einmal "Late to the party" sein, stört das nicht die Bohne, weil sie stets die imposantesten Abrissbirnen von Songs dabeihaben und so die Sause erst zu einer machen.

Mangelnde Originalität? Keinerlei Ausweitung der hinlänglich bekannten Kampfzone des punkigen Indie-Rock? Kann man dem Vierer durchaus vorwerfen. Man kann stattdessen jedoch genauso begeistert zu diesen elf Stücken den Allerwertesten schwenken und die Faust recken. Zumal Nedelko im vergleichsweise zurückhaltenden "Plagiarism" zu bedenken gibt: "Good artists copy, great artists steal / We does it, everybody does it." Besonders fette Beute: das von einem steifen Grobian-Basslauf nach vorne gepeitschte "Head tilter" und der mutwillig zerhackte Closer "Sometimes people just explode" – zwei Songs, die lautstark mit eigenen Unzulänglichkeiten und wiederholten Rückfällen in schädliche Verhaltensmuster hadern, sie in gewisser Weise aber auch feiern. Wir feiern mit, wenn das temporeiche "It's been" mit Flanger-Effekten um sich schießt oder es im angestochenen "Rock, paper, scissors" auch mal großzügig aufs Fressbrett gibt. In aller Freundschaft, versteht sich. Und mit ungebremstem Schaum vorm Mund.

(Thomas Pilgrim)

Bei Amazon bestellen / Preis prüfen für CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis prüfen für CD und Vinyl

Highlights & Tracklist

Highlights

  • All gas no brakes
  • Dancing man
  • Head tilter
  • Sometimes people just explode

Tracklist

  1. Matryoshka
  2. All gas no brakes
  3. Late to the party
  4. Dancing man
  5. Angle grinder
  6. Plagiarism
  7. Head tilter
  8. It's been
  9. Rock, paper, scissors
  10. 2 hot 2 ride
  11. Sometimes people just explode
Gesamtspielzeit: 35:20 min

Im Forum kommentieren

Hierkannmanparken

2023-11-06 12:49:59

Geil, sehr psychrock-lastiger Idles-Punk! Und der Akzent ist lustig

Armin

2023-10-25 21:58:24- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

Meinungen?

Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.

Spotify

Threads im Forum