Fortíð - Narkissos
Lupus Lounge / SoulfoodVÖ: 13.10.2023
Brodelnde Naturgewalt
So ganz überraschend kommt das hier eigentlich nicht. Die isländische Band Fortíð hatte schließlich bereits 2020 mit einem bemerkenswert starken Album auf sich aufmerksam gemacht. "World serpent" hieß das und landete hier und dort auf Review-Spitzenplätzen. Mit einer furiosen Mischung aus Black, Thrash und anderem Metal war es dem Trio gelungen, einer steilen Entwicklungskurve einen vorläufigen Höhepunkt hinzuzufügen. Vorläufig alleine schon deshalb, weil die Qualität auf Studiowerk Nummer sieben noch einmal gesteigert wird: "Narkissos" ist, so viel sei vorweggenommen, ein Meisterwerk mindestens dieses Metal-Jahres.
Gleich im Titelstück, bei dem Insomnium-Sänger Niilo Sevänen ein Gastspiel am Mikrofon gibt, legt die Formation den Grundstein für das, was auf mehr als 50 überaus intensiven Minuten folgen wird. Wie eine ungebremste Naturgewalt rollt "Narkissos" über alle hinweg, die den Musikern aus dem nordischen Inselstaat ihre Aufmerksamkeit schenken. Inhaltlich, so gibt es die Band jenen mit auf den Weg durch die Düsternis, die mit dem Isländischen eher nicht vertraut sind, wird die Geschichte eines Mannes erzählt, der – und das erklärt den Titel – an einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung leidet. Er spielt in jungen Jahren mit anderen wie mit Schachfiguren und muss nach einer Phase des Selbstmitleids schließlich im hohen Alter feststellen, dass ihn alle anderen längst im Stich gelassen haben.
Eine Art Herzstück des Ganzen ist bei alledem eine Strecke von drei Songs, die aus dem exzellenten Gesamtgefüge sogar noch einmal ein kleines Stück herausragt. Was in "Drottnari", "Vefurinn sem ég spinn" und "Uppskera" hintereinander abgerufen wird, hinterlässt offene Münder. Die Band arbeitet sich durch das komplette Repertoire der deutlich erweiterten Möglichkeiten, während uns Sänger Einar Thorberg Guðmundsson, nebenher auch für die Gitarren und Synthesizer verantwortlich, grimmig bis furchterregend seine Zeilen entgegenspeit. Inmitten des verblüffend wohlstrukturierten, man muss es so sagen: Geballers, ist Platz für große Melodien, furiose Abzweigungen und messerscharfe Riffs am Rande des tonalen Wahnsinns.
Fortíð überzeugen später auch mit einem weniger verschachtelten Stück wie "Þúsund þjáninga smiður" und gönnen ihren Zuhörer*innen zu Beginn des ausufernden "Rotinn arfur" einen kurzen Moment des Innehaltens, um mit ganz viel Schwung die nächste Rakete des Furors zu zünden. Befürchtungen, dass dieses Niveau praktisch gar nicht aufrechterhalten werden kann, zerschlägt "Illt skal með illu gjalda" mit Nachdruck. Inklusive episch angehauchtem Zwischenpart, sägen die Gitarren fulminant vor sich hin und verausgabt sich die ganze Meute bis zur totalen Erschöpfung. Der wilde Ritt endet im abschließenden, nahezu dramatischen "Við dauðans dyr", und damit, Übersetzung sei Dank: an der Tür des Todes. Ein Schlusspunkt unter einem unbestritten neuen Höhepunkt in der mittlerweile über 20-jährigen Bandhistorie, dem man angesichts der Entwicklung erneut ein hoffnungsvolles "vorläufig" nur allzu gerne hinterherschiebt.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Drottnari
- Vefurinn sem ég spinn
- Uppskera
- Illt skal með illu gjalda
Tracklist
- Narkissos
- Drottnari
- Vefurinn sem ég spinn
- Uppskera
- Þúsund þjáninga smiður
- Rotinn arfur
- Illt skal með illu gjalda
- Tímans ör
- Við dauðans dyr
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Sroffus
2023-10-18 22:20:42
Zuviele Santiano-Vibes.
Da lieber Dodecahedron!
Armin
2023-10-18 20:37:43- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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- Fortíð - Narkissos (2 Beiträge / Letzter am 18.10.2023 - 22:20 Uhr)