
Cracker / Leftover Salmon - O Cracker where art thou?
Pitch-a-tent / Cooking Vinyl / IndigoVÖ: 26.01.2004
Bowling for Columbine
Landeier haben etwas für sich. Sie mögen zwar manchmal etwas naiv sein, aber gerade deswegen sind sie oft fröhlich. Feste werden gefeiert, wie sie fallen. Im amerikanischen Südosten ziehen sich, wie man im hinreißenden Kinntop "O brother where art thou?" schon bestaunen konnte, die selbstverständlich schneeweißen Hillbillies feierlich weiße Bettlaken an, stülpen die passenden Kapuzen über und stecken ein paar Kreuze in Brand. Da freut sich der Tourist über soviel ländliche Romantik. Und welcher Soundtrack könnte besser dazu passen als das Tirilieren der Banjos?
Schlechten Scherz beiseite: Daß sich der Vorzeigeironiker David Lowery von Cracker von den nur scheinbar rustikalen Bluegrass-Klängen der geistesverwandten Leftover Salmon schwer begeistern ließ, hat nun wirklich wenig mit gehirnfreiem Rednecktum gemein. Denn Lowery, der schon mit den seligen Camper Van Beethoven die Skinheads am liebsten nur zum Bowling dabei hatte, spielt ganz wie Kumpel Michael Moore viel lieber die Rolle der sympathischen Giftspritze. Und da bekanntlich geteilter Spott doppelt so viel Spaß macht, brauchten Leftover Salmon keine zweite Einladung, um gemeinsam mit Lowery und Johnny Hickman über alte Cracker-Schlager herzufallen.
Nachdem zuletzt auf "Countrysides" etwas unglücklich versucht wurde, alte Country-Hymnen ins Cracker-Outfit zu überführen, gelingt der umgekehrte Weg auf "O Cracker where art thou?" deutlich stimmiger. Mit holpriger Vehemenz werden Schoten wie "Mr. Wrong" oder das grandiose "Teen angst (What the world needs now)" entstaubt und mit augenzwinkernder Patina überzogen. Dem dezent verkifften Humor Lowerys tut die ansteckend schunkelnde Mischung aus Bluegrass, Cajun, Skiffle, Walzer, Boogie und Southern Rock spürbar gut.
Da wird das Waschbrett gegen den Strom geschrubbt und die eigene Depression zu süffiger Pedalsteel und entspannten Grooves veralbert. Die wippende Verschluftheit paßt herrlich zu dem weicheirigen Protagonisten aus "How can I live without you?". Dessen Held gesteht seiner Liebsten zu, sich einen neuen Kerl zu suchen, wenn sie nur dafür sorge, daß man sich weiterhin um ihn kümmert. Natürlich kennt der Eingeweihte diese alten Späße schon. Aber dennoch freut man sich, Lowery endlich wieder in kauziger Bestform erleben zu können. So treffsicher neben der Spur war er seit Camper Van Beethoven nicht mehr. Die neuen Arrangements stehen den Songs sogar derart gut, daß sich eine Frage aufdrängt. Warum klangen "Ms. Santa Cruz county" oder "Get off this" eigentlich nicht gleich so? Grün wie der Himmel, blau wie das Gras.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Get off this
- Ms. Santa Cruz county
- Low
- Teen angst (What the world needs now)
Tracklist
- Get off this
- Eurotrash girl
- Sweet potato
- Ms. Santa Cruz county
- Mr. Wrong
- Lonesome Johnny blues
- Low
- Teen angst (What the world needs now)
- How can I live without you?
- Waiting for you girl
Referenzen